Rapid-Ried
5:0 (3:0)
Das Spiel verlief von der ersten Minute an wie auf einer schiefen Ebene. Die Bundesliga berichtet auf Facebook:
Rapid Ried
25 5 Torschüsse
80% 20% Ballbesitz
49% 51% Gewonnene Zweikämpfe
92% 61% Passquote
6 0 Corner
20 0 Flanken
1 0 Abseits
9 13 Fouls
0 1/1 GE/GR
Wäre es nicht das Auftaktspiel gewesen auf das wir so lange gewartet haben, könnte man fast sagen: langweilig. Und diese Überlegenheit kam nun nicht von einer allzu überraschenden Aufstellung.
Schößwendter statt
Sonnleitner und
Joelinton statt des Verletzten
Matej Jelic. Erst nachdem die Pausenführung herausgespielt war, kamen auch die Neuzugänge
Ivan Močinić und
Ingvi Traustason aufs Feld. Sie fügten sich gut in den Spielaufbau ein, in eine Spiel, das dann in der Schlussphase eher Testspiel-Charakter hatte.
Es war kein Spiel wie andere. Es war das Auftaktspiel der neuen Saison und es war auch das erste Bewerbspiel im neuen Stadion. Der Hype war enorm. Die S80 von Hauptbahnhof um 13:34 war voll, die in Meidling Zugestiegenen konnten nur mehr stehen. (Früher waren wir immer ganz allein in dieser Schnellbahn.)
Das Stadion wurde zwei Stunden vor Spielbeginn geöffnet und die Schlangen waren lang. Jeder wollte die neue Atmosphäre genießen. Hier die Schlange um 14:00 beim Eingang zum Block-West in der Keißlergasse.
Diese Eingangskontrollen dauern deutlich länger als das früher der Fall war. An dieser Stelle könnte man noch was verbessern.
Als Amateurstatistiker habe ich mir natürlich einige Fragen gestellt, ob es etwas Besonderes ist, was wir da heute erlebt haben.
Wann hatte ein Eröffnungsspiel in der Bundesliga/Nationalliga zuletzt die Zuschauerzahl von 23.600?
Man muss sehr weit in der Ligageschichte zurückgehen; zumindest bis zur Saison 1962/63 gegen den Sportklub. Es gab überhaupt nur 9 Saisonen, wo das der Fall war:
Saison |
Besucher |
Gegner |
Stadion |
2016/17 |
23600 |
SVRied |
Allianzstadion/
Weststadion |
1962/63 |
73000 |
Sportclub |
Praterstadion |
1961/62 |
30000 |
Vienna |
HoheWarte |
1957/58 |
25000 |
Vienna |
Praterstadion |
1951/52 |
53000 |
AustriaWien |
Praterstadion |
1949/50 |
40000 |
Slovan/HAC |
Praterstadion |
1948/49 |
38000 |
Wacker |
Praterstadion |
1946/47 |
27000 |
PostSV |
Praterstadion |
1929/30 |
22000 |
Admira |
HoheWarte |
Wann konnte man das Eröffnungsspiel zuletzt mit 5 Toren Differenz gewinnen?
Das war zuletzt 1971/72 gegen den Sportklub. Im Weststadion oder Gerhard-Hanappi-Stadion war das überhaupt nie der Fall!
Saison |
Ergebnis |
Gegner |
Stadion |
2016/17 |
5:0 |
SVRied |
Allianzstadion/
Weststadion |
2004/05 |
5:1 |
SWBregenz |
Casino-Stadion |
1971/72 |
6:1 |
Sportclub |
Praterstadion |
1967/68 |
5:2 |
SturmGraz |
Sturm-Platz |
1966/67 |
5:0 |
KapfenbergerSV |
Pfarrwiese |
1958/59 |
10:0 |
Stadlau |
Pfarrwiese |
1952/53 |
6:2 |
GrazerSC |
Praterstadion |
1950/51 |
11:2 |
LASK |
Pfarrwiese |
1949/50 |
5:2 |
Slovan/HAC |
Praterstadion |
1947/48 |
6:3 |
RapidOberlaa |
Pfarrwiese |
1946/47 |
8:3 |
PostSV |
Praterstadion |
1945/46 |
9:1 |
OstbahnXI |
WAC-Platz |
1940/41 |
6:1 |
Admira |
Pfarrwiese |
1937/38 |
5:0 |
FCWien |
Pfarrwiese |
1936/37 |
5:1 |
Hakoah |
Pfarrwiese |
1934/35 |
7:1 |
Libertas |
Pfarrwiese |
1922/23 |
5:1 |
Rudolfshügel |
Rudolfshügel |
1915/16 |
5:1 |
Wacker |
Wacker-Platz |
1905/06 |
11:1 |
UnionOlympia |
Rudolfsheim |
Und gegen Ried?
Ried tut sich schwer gegen Rapid, besonders in Wien. Aber nur zwei Mal (2005/06 und 1996/97) ist ein noch höherer Sieg gelungen:
Saison |
Ergebnis |
Gegner |
2016/17 |
5:0 |
SVRied |
2013/14 |
5:2 |
SVRied |
2006/07 |
5:2 |
SVRied |
2005/06 |
6:0 |
SVRied |
1999/00 |
5:1 |
SVRied |
1996/97 |
6:0 |
SVRied |
Ein Stadion schießt Tore
Es war in jeder Hinsicht etwas ganz Besonderes, dieses Spiel. Schon von Beginn habe ich mich als eher Zweckpessimist gefragt, ob wohl das Stadion Tore schießt, analog zu Geld oder Tradition. Jetzt, nach dem Spiel sage ich: „ja, das Stadion schießt Tore“:-) Der Kopfball von
Louis Schaub ging an die Innenstange, ganz ähnlich wie der Schuss von
Steffen Hofmann im Happelstadion gegen Red Bull in der vorigen Saison. Konnte damals dieser verflixte Ball nicht einfach ins Tor gehen? Nein, das Stadion war dagegen. Heute ist es gelungen. Vielleicht hat sich das Stadion etwas zu unsren Gunsten bewegt. Jedenfalls war’s ein schönes Tor.
Die Mannschaft verabschiedet sich. Alle sind froh, der Sonne entkommen zu können, die sich nicht ganz an den prognostizierten Wetterbericht gehalten hat:
Blick zur Konkurrenz
Man kann sich etwas Schadenfreude nicht verkneifen, wenn man auf das Spiel in Graz schaut, wo Red Bull zur Pause ähnlich schlecht ausgeschaut hat wie Ried in Wien.
Stefan Stangl kam zwar nicht zum Einsatz (so dringend wird man ihn bei RB auch nicht brauchen, es ging vielleicht eher um eine Schwächung Rapids) aber Rapid dürfte weiter sein, als Stefan das im Interview gesagt hat. Er sagte, dass Rapid noch nicht „so weit“ sei. Irgendwie muss man sich das ja begründen, dass man zur direkten Konkurrenz wechselt. Und dass es ums Geld geht, sagt man nicht so gern. Warum eigentlich nicht?
Fanblock zwischen über- und unterirdisch
Bei diesem Spiel wurde die Stimmung des Eröffnungsspiels gegen Chelsea noch übertroffen. Der Block-West zeigte sich gesangsfreudig und riss das ganze Stadion mit. Man muss weit fahren, um Ähnliches zu erleben. Dresden wäre so eine Adresse und natürlich die Fanblöcke des Ruhrpotts. Der Block-West muss keinen Vergleich scheuen. Jetzt kommt mit der Verdoppelung der Stehplätze gegenüber dem Hanappi-Stadion auch die erforderliche Größe für solche Vergleiche dazu. Überirdisch!
Unser neuer Spieler,
Maximilian Entrup ist 19 Jahre alt. Er kam als 12jähriger zur Austria-Jugend. In diesem Alter entscheidet das Elternhaus und dann oft aus rein pragmatischen Gründen der Transportwege, zu welchen Fußballverein das Kind gehen soll. Immerhin müssen die Eltern das Kind oft mit dem Wagen hin- und zurückbringen. Und die Eltern von
Maximilian haben sich für die Austria entschieden. Danach kam
Maximilian zum FAC und arbeitete sich von der Jugend bis in die Kampfmannschaft hoch. Diese Zeit bei der Austria ist für den Block-West so etwas wie eine „Erbsünde“. Sie plakatieren:
„M. Entrup – die grüne Hölle wird für Dich zum Inferno“. Unappetitlicher geht’s wohl nicht mehr.
Es erstaunt mich als Nicht-Insider, dass diese Transparente nicht von der Vereinsführung vor der Publikation auf Form und Inhalt kontrolliert werden. Es gibt zwei Möglichkeiten: Es wird nicht kontrolliert oder es wird geduldet, dass es da eine Art Parallelverein gibt. Man sollte doch darauf achten, dass eine Art minimale Anständigkeit nicht unterschritten wird, wie in diesem Plakat.
Jeder Neuzugang zu Rapid wurde von unseren Scouts und der sportlichen Leitung aus einer großen Zahl von Kandidaten ausgewählt und wer diese Auslese besteht, muss zu uns passen. Ganz egal, von wo der Neue kommt.
Dass man es unterlassen hat, die „Weststadion“-Transparente zu Beginn der Rapid-Viertelstunde auszurollen, hat wohl den Grund, dass man ja jetzt das Dauertransparent fest montiert vom Dach hängen hat. Kaum ein Kamerateam, das nicht im Hintergrund dieses Transparent ins Bild schiebt. Ich frage mich, wie Rapid diese Botschaft in Richtung Allianz kommuniziert.
Wieder wurde des Architekten und Jahrhundert-Rapidlers
Gerhard Hanappi gedacht mit:
„Für Rapid hast Du immer alles gegeben, in unseren Gedanken wirst Du ewig weiter leben“. Ein ähnlich pathetisches Transparent hatten wir ja schon beim Chelsea-Spiel. Diese Sprüche machen auf mich den Eindruck, als wolle man sich beim Vorzeige-Rapidler für die Namensänderung entschuldigen. Muss man gar nicht, man kann ja den Namen beibehalten. Niemand würde uns das je vorschreiben können, nach wem wir das Stadion benennen. Aber sicher, der „Westen“ hat eine weiter zurückreichende Tradition als „Gerhard-Hanappi“. So gesehen muss „Hanappi“ weichen…
Das Geheimnis der Absperrkette
Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, eine Kette, aber sie ist mir aufgefallen, weil sie jahrelang immer im Weg war, wenn man vom Bahnhof Hütteldorf zum Stadion ging.
Die erste Erwähnung in diesem Tagebuch gab es nach dem
Pre-Opening am 9. Juli, denn die Kette war auf einmal weg (nicht die Pfosten, die waren da). Ich dachte daran, dass man das wegen dem großen Andrangs an Besuchern gemacht hätte. Dann, bei der
Eröffnung des Rapideums, präsentierte sich die Kette wieder neu lackiert und montiert.
Der Rätsels Lösung zeigte sich heute, nach dem Spiel gegen Ried.
Was ist das:
Diese besonderen Profil-Löcher sind für die Pfosten gedacht, die nach dem Ansturm der Besucher wieder an ihren Platz eingesetzt werden. Für die Dauer des Spiels wurde die Pfostenreihe inklusive Kette abnehmbar gemacht. Sehr aufmerksam von den ÖBB!
Hier sieht man jene Stelle, die außerhalb der Spielzeiten durch eine Kette für den Durchgang gesperrt ist. Wegen des großen Zuschauerzustroms hat die ÖBB diese Kette inklusiver der Pfosten so modifiziert, dass sie leicht entfernbar ist. Gleichzeitig haben die ÖBB damit den Passanten eine Art temporäres Servitut eingeräumt.
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Eine Antwort zu “Rapid-Ried”
Es zeigt sich immer wieder, dass meine tiefe Abneigung gegen Religiosität so ihrer Richtigkeit hat. Niemand zwingt uns nach festen Regeln zu leben. Wir können jede Haltung dem konkreten Einzelfall anpassen, indem wir das für die Beteiligten Zeckmäßigste tun.
Die in unseren Breiten dominierende Kirche hat trefflich Neugeborenen zuerst eine „Erbschuld“ unterstellt, um sie dann mit großem Getöse davon reinzuwaschen. So als könnte ein Kind irgendeine Schuld haben.
Der Islam sagt wieder, dass jemand, der einmal Moslem war, das nicht ändern darf. In manchen Ländern wirds dann gleich brutal.
Alles das erinnert an die Postings rund um Maximilian Entrup und an das Transparent heute im Stadion.
Religiöse Menschen, bringen es zustande, einem 11-jährigen Fußballer, der zum nächstgelegenen Club gegangen ist, keine Chance zu geben, das zu ändern. Erbsünde! Pech gehabt.
Aber ich hab leicht reden, da ich von keiner Religion indoktriniert bin. Im Zweifel würde ich immer für den Spieler und nicht für irgendeine religiöse Haltung eintreten, egal, welche Farbe sie grad hat. Vielleicht dürfte ich ja dann in den Augen der Religiosi gar kein grün-weißes Trikot tragen?
Man kann sich dabei auch gleich fragen, was die Eigenschaft ist, die den Menschen besonders auszeichnet. Es ist die Anpassungsfähigkeit. Und in dieser Disziplin sind Religiöse sehr schlecht. Jeder kann seine Meinung ändern und soll das auch tun, wenn seine Einsichten sich verändern. Einer meiner Stadion-Freunde war einmal RedBull-Fan und ist danach zu RAPID „konvertiert“. An dieser Stelle könnte man einwenden. „In dieser Richtung ist es ja erlaubt“ und damit befindet man sich ideologisch gleich wieder in bester islamischer Gesellschaft.
Es ist natürlich in jeder Richtung erlaubt.