Mario, angeschlagen

Zum ersten Mal seit 16. Juli meldet sich Mario Sonnleiter auf Facebook zu Wort. Da viele Leser dieses Tagebuchs nicht in Facebook vertreten sind, erlaube ich mir, seinen Text hier zu wiederholen:

Liebe grün-weiße Familie,

da ich mich jetzt schon länger nicht mehr gemeldet habe, ist das Posting nun ein bisschen länger…

Es sind bereits ein paar Monate vergangen und wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt, läuft es für mich persönlich sportlich nicht ganz nach Wunsch. Seit Sommer vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht darauf angesprochen werde, weshalb ich mich nach langem Überlegen dazu entschlossen habe, meine Sicht der Dinge zu schreiben. Vorweg sei gesagt, dass ich euch versichere, weiterhin jeden Tag alles zu geben und fokussiert zu bleiben. Ich will euch die Sicherheit geben, dass ich da bin, wenn ich gebraucht werde. Ohne Wenn und Aber…

Viele Fragen beantwortet eigentlich unser großartiges Leitbild, an das ich glaube. Darin sind Sätze wie „seit jeher erkämpfen wir uns mit vollem Einsatz den Erfolg und geben nie auf“ niedergeschrieben. Sätze, die mir derzeit Kraft und Ansporn geben.

Wie ihr wisst, war ich seit Beginn der Saison fast ausnahmslos nicht im Kader und deswegen hatte ich etwas mehr Freizeit (z.B. keine Auswärtsreisen) als ich bisher kannte. Das ist zwar für das Familienleben eine positive Sache und ich bin mir sicher mein Kind genießt auch die vielen zusätzlichen, gemeinsamen Besuche mit mir auf dem Spielplatz. Aber als leistungsorientierter Profisportler ist es klar, dass man seinen Teil zum sportlichen Erfolg seines Vereins und seiner Kollegen beitragen möchte. Es ist klar, dass ich für und mit meiner Mannschaft am Platz kämpfen will und die gemeinsamen Ziele erreichen möchte.

„Der SK Rapid ist österreichischer Rekordmeister. Erfolg ist uns Erbe und Gebot zugleich. Daher ist es unser Anspruch, immer ganz oben zu stehen.“ Dieser Satz im Leitbild fasst gut zusammen, warum ich mich im Sommer 2015 bewusst für eine Vertragsverlängerung entschieden habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich durchaus die Möglichkeit ein äußerst gutes und finanziell reizvolles Angebot im Ausland anzunehmen. Aber ich habe mich für Rapid entschieden. Ich habe mich für Rapid u.a. aus den gleichen Gründen entschieden, die auch mein Kollege Louis bei seiner Verlängerung neulich genannt hat. Die Stimmung auf den Rängen, die Stimmung in der Mannschaft und der gemeinsame Hunger nach Titel für Rapid. Zum gleichen Zeitpunkt bin ich auch dem Beispiel unseres Kapitäns gefolgt und habe die lebenslange Mitgliedschaft abgeschlossen. Ebenfalls aus Überzeugung!

Nach der Verlängerung kam die Saison 15/16 mit tollen Erfolgen und bitteren Tiefschlägen und am Ende blieb „nur“ der erneute Vizemeister-Titel und das „überwintern“ im Europacup. Im Mai dieses Jahres haben wir mit einem 3:1 Auswärtssieg in der Südstadt die letzte Saison beendet. Damals durfte ich die Mannschaft als Kapitän auf das Feld führen und mich in die Torschützenliste eintragen. Mein persönliches Fazit zur letzten Saison: Ich war mit meinen Leistungen im Frühjahr 2016 nicht zufrieden. Ich habe meine Leistung analysiert und begonnen nochmal ein paar Schrauben zusätzlich zu drehen und im Sommer richtig Vollgas zu geben. Ich bin durchaus stolz, dass alle Leistungstest zeigen, dass ich mich auch körperlich – vergleichsweise zum vorigen Jahr – nochmals steigern konnte und topfit bin.

Auch deshalb bin ich richtig motiviert, diese Saison durchzustarten und meinem Team beim Erreichen unserer Ziele bestmöglich zu helfen. Ich habe in den sechs Jahren bei „meinem“ Verein Höhen und Tiefen erlebt und mit tiefster Überzeugung alles in die Waagschale gelegt, was ich habe. Jetzt mit dem neuen Stadion, mit dieser Stimmung, mit dieser Mannschaft und den Verantwortlichen. In dieser Saison ist wieder alles möglich. Vielleicht auch mehr denn je. Und daher werde ich auch nicht aufgeben. Das verbietet mir auch das Leitbild meines Vereins. Ich kämpfe natürlich weiter, ich werde selbstverständlich weiter professionell arbeiten und werde weiterhin versuchen mich im positivsten Sinne zu empfehlen und natürlich sehne ich mir eine Chance herbei.

Vielleicht kommt die Chance nicht heute oder morgen, aber ich werde auch übermorgen bereit sein! Bis es soweit ist, will ich mir zusätzlich zu meiner sportlichen Rückkehr (dem zurückkämpfen) nochmal ein Beispiel an unserem Leitbild nehmen. „In guten wie in schlechten Zeiten leben wir unsere Leidenschaft und sind stolz, uneigennützig zum Ruhm Rapids beizutragen.“ Das will ich sehr gerne Vorleben. Erst recht, wenn ich gerade noch eine „schlechtere Zeit“ durchlebe und daher manchmal etwas mehr Freizeit habe, als meine Kollegen. Ich nehme natürlich auch gerne Termine wahr, um die Außendarstellung unseres Vereines zu stärken. Und ich stelle mich klar in die Dienste unserer Werte und Tradition. Der Profisport ist nicht immer ein Zuckerschlecken, aber ich kann meine Erfahrungen Jung und Alt weitergeben. Mein oberstes Ziel bleibt allerdings der Einsatz für mein Team, der Weg zurück auf das Spielfeld.

Jetzt ist der ganze Text schon viel länger als ich wollte. Aber kürzer ging es leider nicht. Zum Schluss möchte ich uns alle noch einmal erinnern: „Der Sportklub Rapid ist eine Gemeinschaft… Um diese Verbundenheit zu bewahren, begegnen wir uns als Rapidler gleichwürdig, ehrlich und vertrauensvoll.“ Ich hoffe (zumindest habe ich es versucht), ich bin auch diesem Teil des Leitbilds mit meiner Stellungnahme gerecht geworden.

Wer zusammenhält, gewinnt! Immer vorwärts, Rapid Wien! Euer Mario „Sonni“ Sonnleitner #6

Aber was wissen wir jetzt mehr als wir vorher schon gewusst haben? Natürlich kann jeder Trainer die verfügbaren Spieler nach seinen Eindrücken einsetzen aber beginnen wird er doch dort, wo sein Vorgänger aufgehört hat und dessen letzte Aufstellung beim Spiel gegen die Admira in der vorigen Saison war: Alar, Grahovac, Jelić, Kainz, Knoflach, Kovacec, Kuen, Nutz, Pavelic, Schaub, Schrammel, Schwab, Sonnleitner, Tomi.

Fakten

  • Mario spiele in der vorigen Saison in 27 von 36 Ligaspielen, davon in 23 Spielen als Kapitän. Darüber hinaus in allen vier Cupbegegnungen, in allen vier CL-Quali-Spielen und in 6 von 8 Spielen in der Euro-League.
  • Mario war eine Stütze und ein Führungsspieler von Rapid
  • Sein Vertrag wurde von Andy Müller bis Juni 2019 verlängert.
  • Der Marktwert von Mario ist angesichts seines Nicht-Einsatzes in der laufenden Saison von etwa einer Million auf 750.000 Euro gesunken. (Link)

Beobachtungen

Aufmerksam wurden wir bei der Meldung vom 14. April, als angekündigt wurde, dass Christoph Schösswender von der Admira zu Rapid wechseln würde. Somit hatten wir dann insgesamt 5 Innenverteidiger: Dibon, Hofmann, Sonnleitner, Schößwendter, Wöber. Mit vier Innenverteidigern ist die Aufgabenverteilung etwa so, dass zwei aufgestellt sind, einer als Ersatz dabei ist und einer bei Rapid II spielt. Diese Rolle hat derzeit Wöber. Warum man sich mit dem fünften Verteidiger einen künstlichen Druck erzeugt, ist nicht einzusehen und man denkt an Absicht. Dass man den Erfahrendsten rausstellt, ist ein fußballerisches Rätsel der Sonderklasse. Es liegt mir fern, Fehler der jeweils eingesetzten Innenverteidiger zu kritisieren, denn die können natürlich immer und jedem passieren, aber Mario ist ein außerordentlich zuverlässiger Spieler, dem der eine oder andere Patzer, die seinen Stellvertretern bei den ersten Spielen der neuen Saison passiert sind, so wahrscheinlich nicht passiert wäre. Die Frage ist, warum man das so entschieden hat.
  • Ist das ein Luxusproblem? (Man kann es sich leisten?)
  • Oder meinte man, Christoph würde sein Ranking als torgefährlichster Innenverteidiger bei Rapid eventuell sogar ausbauen (wenn schon die Stürmer nichts treffen)?
  • Oder war der fünfte Innenverteidiger kalkuliert und wusste man schon im April, dass man Mario mit einem neuen Trainer ins Eck stellen würde, hängt also diese Maßnahme mit dem Trainerwechsel in Zusammenhang?
Ich tippe auf Letzteres. Ich tippe darauf, dass diese Degradierung Gründe hat, die wir nicht kennen und die überhaupt nichts mit der sportlichen Leistung zu tun haben. Denn die Einsatzbereitschaft von Mario kennen wir. Ich illustriere das mit einem gelungenen Bild aus der Vorbereitung im Vorjahr im Spiel gegen Wimpassing. img_20721 Diese Suspendierung würde in die Tradition des Rapid-Führungsstils passen und erinnert an die Reaktion von Dionys Schönecker, der im September 1934 einen der erfolgreichsten Spieler der Fußballgeschichte, nämlich Josef Bican kündigte. Es ging damals um disziplinäre Probleme, denn Bican – offenbar damals schon ein gut bezahlter Star, erschien mit dem Taxi zum Training (so ganz genau ist mit diese Begebenheit nicht mehr in Erinnerung, es könnte auch sein, dass es um seinen Hund ging). Jedenfalls war das eine Provokation, die nicht zu Rapid passte und Bican musste gehen. Er erkämpfte danach noch zwei Meistertitel mit der Admira und ging dann zu Slavia-Prag. Bican erhielt 1997 die Trophäe für den weltbesten Torjäger des 20. Jahrhunderts mit geschätzten 5000 Toren.

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