Ried-Rapid
4:2 (3:1)
Vorahnungen waren da. In Facebook haben wir noch im Bus gepostet: „
Ohne Alkohol ist Rapid derzeit nicht gut verträglich. Maria mit Nachschub.“ Mit einer Jägermeister-Runde wurde das von Runde zu Runde peinlichere Spiel von Rapid schöner-getrunken. Dass es aber nicht einmal zu einem Duell auf Augenhöhe kam sondern zu einer eher peinlichen Niederlage, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Facebook-Posting:
„Wir stellen Steffen auf. Immer. Auch bei der Busfahrt. Mike braucht ein paar Lektionen in Psychologie, sonst spielt er bald gegen sein Team und gegen uns alle.“
So, als hätte
Mike Büskens die Forderung des Publikums geahnt, spielte dann auch
Steffen von Beginn an, konnte aber das Debakel auch nicht verhindern, denn in der 23. Minute, als er ausgewechselt wurde, stand es bereits 2:0 für Ried.
Der Blaguss-Stock-Bus war nur wenig besetzt, denn geplant wird immer nur mit einem gewöhnlichen einstöckigen Bus. Da aber bei der Fahrt nach Graz zwei Plätze zu wenig waren (man hat vergessen, die Reiseleiter auf die Liste zu setzen), dachte man bei Blaguss „sicher ist sicher“.
Für uns Busfahrer war es fast ein Heimspiel verglichen mit dem hinter uns sitzenden Rapid-Fan aus Telfs, der eine viel längere Anreise hinter sich hatte.
Da wir mit den Schnitzelsemmeln in Ried schlechte Erfahrungen gemacht haben, wählten wir diesmal Leberkässemmeln mit „Naturkrusten-Leberkäse“ und die können wir empfehlen:
Das Spiel von Rapid war dann weniger empfehlenswert. Das unentschlossene Ball-Herumgeschiebe als ein Teil des „dominanten Ballbesitz-Spiels“ wurde spätestens in der sechsten Minute zu einer ungeeigneten Taktik. Ich wünsche mir die Zeiten von
Zoki des Vorjahres zurück.
Sehenswerte Choreografie der Lions
Im Wettbewerb „wer hat mehr Fackeln im Stadion“ hatten an diesem Tag die Rieder die Nase vorn. Der Westwind vernebelte mit dem Rieder Rauch das Spielfeld; das Spiel konnte erst nach einer kurzen Verzögerung angepfiffen werden.
Die Rieder „Supras“ feierten an diesem Tag ihren 20jährigen Bestand und starteten mit dem Text
„Supras, die ungezähmten Jungs der Stadt vieles gesehen, doch niemals satt.“ Und nach der Pause mit
„Zwanzig Jahre Supporters Ultras“. Rapid gab für dieses Rieder Jubiläum einen geradezu kitschig-passenden Gegner ab.
Dass sich der Block gegen Spielende demonstrativ nicht von der Mannschaft verabschiedet hat, ist nicht mein Stil, denn die Leistung war da, es wurde gerannt und geschwitzt (oder war der Regen?). Ob man einen Partner mit Entzug von Zuneigung auf ein gewolltes Verhalten, auf die „Siegerstraße“ bringen kann, ist zweifelhaft. Man müsste Psychologen fragen.
Grün-Weiße Presse
Es ist schön, dass sich für Rapid-Fans alles um Rapid dreht. So soll es auch sein.
Liest man aber die Schlagzeilen der Berichte über das Spiel in Ried, könnte man meinen, dass sich Fußball in Österreich nur um Rapid dreht. Der Grund dürfte sein, dass die Presse immer auch die Zusammensetzung der Leserschaft im Auge hat. Da es dort naturgemäß viele Grün-Weiße gibt, werden Artikel mit einem Bezug zu Rapid nur sehr selten aus dem Blickwinkel des jeweiligen Gegners betrachtet.
Die heutigen Schlagzeilen zu dem Ried-Spiel könnten daher auch anders lauten. Es steht dort nämlich:
„Nächster Rückschlag für Rapid“. Mit gleichem Recht könnte dort stehen:
„Ried kann seinen Platz im Mittelfeld festigen.“ Oder
„Ried am Weg nach oben.“ An einer anderen Stelle steht
„Ried-Pleite“, so als hätte Ried verloren. Kein einziger Artikel wird aus der Sicht der Rieder formuliert.
Das ist der Fluch des „Rekordmeisters“. Alles wird daran gemessen, dass Rapid 32facher Meister ist. Aber am Spielfeld stehen 11 Mann, die mit diesem Rekordmeister nichts am Hut haben, für sie ist dieser Rekord eher belastend.
Dass man in der Presse die Chancen für Ried so schlecht einschätzt, dass ein Sieg gegen Rapid als etwas total Unwahrscheinliches abgetan wird, empfinde ich wie Hauptstadt-Chauvinismus.
Der Marktwert des Rieder Kaders ist nur etwa ein Drittel des Werts des Rapid-Kaders. Noch im Bericht über das Spiel gegen Bilbao betonen wir, dass es eine große Leistung wäre, gegen eine Mannschaft mit dem sechsfachen Marktwert nur 0:1 zu verlieren. Umso höher ist es zu bewerten, wenn eben dem Kleineren die Sensation gelingt.
Spieler – Trainer – Sportdirektor – Vereinsführung
Ein Spieler kann ein Spiel durch eine Einzelleistung drehen, ein neuer Trainer kann eine Mannschaft nach einigen Runden auf die Siegerstraße führen und ein Sportdirektor kann nach einigen Saisonen zeigen, was er drauf hat.
Der Spieler der Stunde, der das zeigt, ist
Deni Alar. Und
Stefan Nutz hat es ihm gleich bei seinem ersten Einsatz für Ried nachgemacht.
Mike Büskens hat – vielleicht noch mit der Spielanlage des Vorjahres und dem Stadion-Effekt im Hintergrund – gut begonnen, doch nach diesem ersten Viertel stellt sich Ernüchterung bei den Fans ein. Und Sportdirektor
Andy Müller, der für alle diese Transfers und Kündigungen verantwortlich zeichnet, ist nicht nur bei den Fans angezählt, auch das Präsidium muss in dieser Situation beginnen, in Alternativen zu denken. Mit der derzeitigen Motivation scheint der von
Zoki in drei Saisonen wiederholte zweite Tabellenplatz eher ein illusorischer Wunsch.
Wenn Präsident und Sportdirektor meinen, dass man am Ende ganz oben stehen werde, kann man das nur als eine in der Not verbreitete
„self fulfilling prophecy“ deuten, denn keine der Millionen-Investitionen hat einen sichtbaren Einfluss auf das Spiel. Ich frage mich, ob Trainer und Sportdirektor, die zur nächsten Mitgliederversammlung beim
Klub der Freunde eingeladen sind, überhaupt noch im Amt sein werden.
Lieber Richard! Es gibt keine blöden Fragen, es gibt nur blöde Antworten. Und hier die Begründung: Wir, die Anhänger des Fußballsports können Dich nicht alle nach einem Spiel fragen, warum es zu dem 2:0 gekommen ist. Wir haben daher Kristina Inhof zu Dir geschickt, um mit Dir über den/die Patzer zu sprechen. Ein Interview besteht aus Fragen und Antworten, hat aber keinen Platz für Metafragen über das Interview, das muss man anderswo diskutieren.
Wenn Du meinst, ihre Frage wäre blöd und sagst ihr das, dann fühlen uns wir, die Zuschauer gekränkt, denn sie ist ja unsere Botschafterin und wenn Du sie beleidigst, dann beleidigst Du uns.
Du hattest eine einmalige Chance in dieser Minute vor dem Mikro uns etwas mitzuteilen oder etwas für Dein Team oder Deinen Verein zu tun. Und was machst Du: Du beschimpfst uns! Vielleicht solltest Du Dein Verhalten gegenüber den Medien überdenken. Denn auch wenn Dir die Frage blöd erscheint, dann hast Du ja die Möglichkeit, das in Deiner Antwort*) geschickt aufzuzeigen und hättest dann durchaus die Lacher auf Deiner Seite.
Du bist bei Deiner Nicht-Antwort in „bester“ Gesellschaft. Peter Pacult war Meister in dieser Disziplin, den Sinn des Interviews nicht zu verstehen und er hat in Franz Wohlfahrt einen ziemlich perfekten Nachfolger gefunden, auch Günther Neukirchner ist uns gut in Erinnerung. Andy Ogris wieder ist ein Beispiel für die Cleverness, den Augenblick zu nutzen, die positiv in die Geschichte der Fernseh-Interviews eingegangen ist.
*) In einer Anekdote über eine Freizeitbeschäftigung, ich glaube, es war beim
Farkas, wurde ein Frage-Antwort-Spiel die „Erzherzog-Prüfung“ genannt, bei der ein Prüfer eine Frage stellt, der Antwortende (der Erzherzog) eine möglichst blöde Antwort gibt und daraufhin der Prüfer eine Begründung erfinden muss, die zu der falschen Antwort passt, denn der Prüfer darf sich bei der „Erzherzog-Prüfung“ gegenüber dem Erzherzog keine Kritik erlauben. Übertragen auf ein Sportinterview ist der Interviewer der Erzherzog, der eine blöde Frage stellt und die Aufgabe des Interviewten wäre es, das durch die Antwort zu enttarnen, nicht aber die Frage selbst infrage zu stellen.
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