Fernsehgelder, leistungsgerecht verteilt

Zuschauer trotz Krise

Obwohl man bei der Begegnung Rapid-Mattersburg nicht von einem Spitzenspiel sprechen kann, kamen 19.600 Zuschauer nach Hütteldorf. (Darunter auch Christopher, ein neuer Leser des Tagebuchs. Willkommen!) Alle anderen Partien zusammen, inklusive dem „Schlager“ in Salzburg brachten es nur auf 19.300 Zuschauer.

Platzhirsche punkto Fanarbeit

Die Platzhirschen in Sachen Zuschauer sind Rapid und Sturm. Christian Jauk (Präsident Sturm) und Michael Krammer (Präsident Rapid) bezogen aus diesem Grund Stellung gegenüber dem Rest der Liga. Bericht von laola1. Der Hintergrund ist die Art und Weise wie die Bundesliga in Österreich die Fernsehgelder zuteilt. Während es in Deutschland eine leistungsproportionale Komponente gibt, werden die Fernsehgelder in Österreich gleichverteilt.

Einsame Baustelle am Laaerberg

Bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen der letzen Tage, spazierte ich mit meiner Frau durch Favoriten Richtung Laaerberg und besichtigte die Baustelle am früheren Horr-Platz. Wie oft war ich in den vergangenen Jahren in der Keisslergasse und brachte viele Bilder vom Bau mit nach Hause. Nie war ich dort allein. Immer waren andere Neugierige mit Handy und Kamera auf Fotosafari. Am Laaerberg ist niemand.

Transparenz bei der Geldzuteilung

Wie man es kommuniziert, wenn Fernsehgelder verteilt werden, das kann man sich bei unseren Nachbarn in Deutschland abschauen. Allein für diesen Aspekt der Verteilung von Fernsehgeld gibt es die unparteiische Webseite Fernseh-Geld.de und hier die Tabelle für die Ausschüttungen für die laufende Saison. Dort sieht man, dass der letztgereihte Verein Leipzig etwa 23 Millionen und der erstgereihte Bayern 74 Millionen bekommt und das aus der Vermarktung der nationalen und internationalen Bewerbe. Der Faktor wird beim nationalen Bewerb aus dem erreichten Platz in der Liga und international aus der UEFA-Punktezahl errechnet. Es wäre schon einmal ein Anfang, würde es eine solche Tabelle für die Situation in Österreich geben. Denn es könnte dann jeder den sonderbaren Umstand bestaunen, warum große und kleine Vereine in Österreich gleich viel an Fernsehgeld bekommen.

Informationen sind spärlich und unkonkret

Im Geschäftsbericht der Bundesliga 2016/16 konnte ich eine Erklärung dieser Ausschüttungen nicht finden. Nur an einer einzigen Stelle, auf Seite 16  gab es einen Hinweis aber dort geht es nur um den Anteil, die den Österreicher-Topf betreffen. Demnach werden 5 Millionen aus diesem Anteil ausbezahlt. Aber über die sonstigen ausgeschütteten Beträge steht nichts in dem Heft. Auch der Rapid-Geschäftsbericht 2015/16 nennt diese Gelder nicht direkt, am ehesten kann man sie im Punkt „Rechteverwertung & Zentralvermarktung“ (nationaler Bewerb) der Gewinn- und Verlustrechnung auf Seite 45 vermuten. Diese wären ca. 1,9 Millionen Euro (wobei aber nicht klar ist, ob da nicht auch noch andere Posten enthalten sind). [Man kann an den dortigen Zahlen auch gleich ablesen, welchen Verlust es für Rapid bedeutet, nicht international zu spielen. Aus demselben Punkt aber „internationaler Bewerb“ erlösten wir in der vorigen Saison mehr als 10 Millionen Euro.] Gemessen am Umsatz von Rapid in der Saison 2015/16 von 40 Millionen machen die Fernsehgelder aus dem nationalen Bewerb gerade einmal 5 Prozent aus. Über die jeweiligen Budgets der anderen Vereine schweigt sich die Bundesliga und auch das aktuelle Bundesliga-Journal aus. Früher gab es dort noch vereinzelt Angaben. Diese Budgetzahlen werden sich für die kleineren Klubs in der Größenordnung von 8 Millionen bewegen, und daher wären die Fernsehgelder 25 Prozent ihrer Einnahmen.

Und wie ist es anderswo?

Am 1.4.2016 berichtet „Die Welt“ über die TV-Gelder in Europa. Demnach werden in Österreich 20 Millionen ausgeschüttet und das stimmt mit den Zahlen aus dem Rapid-Geschäftsbericht gut überein, denn es kommen eben fast 2 Millionen auf einen Verein. Aber dort wird auch darüber berichtet, dass in den verschiedenen Ligen die Popularität der Klubs in die Verteilung der Gelder einbezieht (Dänemark). Wenn man etwas besteuert oder umgekehrt Geld ausschüttet, dann hat man immer auch gleichzeitig ein Instrument in der Hand, Entwicklungen zu beeinflussen.

Interesse am Fußball

Wäre das Interesse an den Vereinen gleich wie die Verteilung der Fernsehgelder, müsste jede Mannschaft gleich oft ausgestrahlt werden. Das ist aber keineswegs der Fall. In der vorigen Saison wurden vom ORF mit großem Abstand bevorzugt Spiele von Rapid übertragen. Daher trägt Rapid zu den Einschaltziffern zu einem viel höheren Prozentsatz bei als es die kleinen Vereine tun. Siehe Tagebuch-Eintrag „Bundesliga im ORF“. Würde man nun die Gelder proportional zu diesem ORF-Beliebtheitswert verteilen, ergäbe sich folgendes Bild (Saison 2015/16):
Übertragungen Anzahl Übertragungen %  Fernsehgeld Mio
RAP 17 23,6 4 722 222
AUS 13 18,1 3 611 111
RBS 13 18,1 3 611 111
STU 11 15,3 3 055 556
ADM 5 6,9 1 388 889
MAT 4 5,6 1 111 111
ALT 3 4,2 833 333
GRÖ 2 2,8 555 556
RIE 2 2,8 555 556
WAC 2 2,8 555 556
72 100,0 20 000 000
Hier würde also der ORF durch seine Spieleauswahl die Verteilung bestimmen, was sicher nicht gefallen würde. Aber es gibt ja auch andere Modelle. Etwas das dänische, das die Einschaltquote misst oder das spanische, das die Besucherzahlen im Stadion berücksichtigt. Was auch immer man nimmt, es muss eine Größe sein, die das begünstigt, was man steuern will. Will man also die Besucherzahlen erhöhen, muss man die Fernsehgelder an die Besucherzahlen koppeln.

Verschiedene Verteilungsschlüssel

Jede Art der Verteilung wirkt sich auf die Arbeit der Vereine aus. Wenn – wie in Deutschland – ausschließlich der Tabellenplatz die Höhe des Fernsehgeldes bestimmt, verstärkt man den sportliche Wettbewerb. Wenn – wie in Dänemark – die Einschaltziffern bewertet werden, müssen die Klubs versuchen, populär zu sein. Wenn – wie in Spanien – die Anzahl der verkauften Tickets eine Rolle spielt, dann muss man Zuschauer ins Stadion bekommen. Und so weiter… In Deutschland sind die Zuschauerzahlen nicht das Problem, denn dort füllt Augsburg sein Stadion genau so wie die Großen. Aber in Österreich sind die Zuschauerzahlen rückläufig und es ist das Anliegen aller, diese Entwicklung umzukehren. Wenn man das will, dann wäre es notwendig, Fan-Arbeit zu belohnen und Maßzahlen zu finden, die eine solche bewerten.

Wie wirkt die proportionale Ausschüttung?

Salopp gesagt bedeutet die proportionale Ausschüttung, dass Rapid seine Gegner finanziell am Leben erhält und sozusagen seine eigene Konkurrenz mitfinanziert. Daher können sich die Gegner der populären Vereine durch diese Ausschüttungsart deutlich teurere Kader leisten. Rapid arbeitet mit großer Intensität an dem Aufbau seiner Fangemeinde. Was Rapid auf diesem Gebiet leistet, kann man auch schon allein an den Inhalten dieses Tagebuchs ablesen, in dem wir nicht nur die Spiele sondern auch die (uns zugänglichen) Fan-Veranstaltungen beschreiben. Rapid leistet also Fanarbeit, die andere Vereine – über den Umweg der Fernsehgelder – konsumieren. Mehr noch, es gibt für diese anderen Vereine gar keinen besonderen Grund für eine Intensivierung der Fanarbeit, denn das erledigt schon Rapid für sie. Sie bekommen derzeit für mehr Fanarbeit nicht einen Cent mehr, also müssen sie sie nicht aufwenden. Das Vereinskonzept besteht aus einem minimalistischen Aufbau des Vereins und das Geld fließt in den Kader. (Dass das Kartenbestellsystem in Mattersburg so sein darf wie es ist, also mit Zusendung per Nachnahme ohne online-Bestellmöglichkeit, dass die dortigen Gast-Tribünen unüberdacht sind mit dem kuriosen Highlight „VIP-Gäste mit Regenschutz“, wirkt insgesamt nicht sehr anziehend.)

Das Motiv der Bundesliga

Die Gelder kommen von der Popularität des Fußballs. Dazu gehören alle Klubs, und daher wird gleichverteilt. Dem könnte man sich durchaus anschließen würde sich das bei den ORF-Übertragungen in einer gleichen Anzahl von Übertragungen pro Verein auswirken. aber wie wir schon gesehen haben, ist das nicht der Fall, Rapid dominiert bei den Übertragungen klar. Vermutlich ist der eigentliche Grund der, dass die kleineren Vereine bei einem anderen Verteilungsschlüssel so geringe Budgets hätten, dass sie nicht ausreichend konkurrenzfähig wären und die Lizensierungsbedingungen nicht erfüllen würden. Für einen kleinen Verein wirkt das Fernsehgeld existenziell absichernd. Weil der kleine Verein aber das zugeteilte Geldvolumen nicht weiter beeinflussen kann, ist lediglich der Klassenerhalt Motivation, nicht aber Fanarbeit. Und daher hält die Bundesliga an diesem Verteilungs-Kuriosum fest. Nehmen wir an, Sturm und Rapid setzen sich mit ihrem Wunsch nach mehr Fanarbeit durch und die Bundesliga belohnt diese Aktivitäten durch einen leistungsgerechten Verteilungsschlüssel, kann es leicht passieren, dass die kleinen Vereine nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Aufbauarbeit bei Rapid

Als ich das erste Mal im Hanappi-Stadion war, bot sich ein ganz anderes Bild als im Bild von der Abrissparty. Es waren damals, 2001, gerade einmal 4.000 Zuschauer bei einem Ligaspiel im Stadion. Und in alle den Jahren seither konnte ich die kontinuierliche Aufbauarbeit beobachten. Es liegt nicht daran, dass Rapid ein Hauptstadt-Club ist (das ist die Austria auch), es liegt auch nicht am Rekordmeister (die Austria hat mehr Titel in diesem Zeitraum); es liegt an der großartigen Fanarbeit des Vereins, die ihresgleichen sucht und die sogar international Beachtung findet. Und genau diese Fanarbeit wird von der Liga durch die gleichmäßige Ausschüttung der Fernsehgelder nicht unterstützt.

Fazit

Ohne Anreize für eine verstärkte Fanarbeit wird es schwerlich gelingen, mehr Zuschauer in die Stadien zu locken. Daran wird auch das neue Spielschema nicht viel ändern. Das Mehr an Zuschauern im oberen Playoff wird den Spielen des unteren Playoffs fehlen. Sollte es aber doch einen neuen Verteilungsschlüssel geben, wird er wohl aus einem konstanten Anteil und einer leistungsbezogenen Komponente bestehen, um die Unterschiede nicht allzu groß werden zu lassen.
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