Meine Zeit mit Ferdinand
Wir, bei EwkiL:Rapid, sind ja nur ein ganz kleiner Verein; noch dazu sehr heterogen. Nur eine kleine Gruppe kennt sich persönlich, viele unserer Mitglieder sind eher „virtuelle Rapidler“. Und dennoch hat uns das Leben genau so im Griff wie die Großen.
Es gibt nicht so viele Menschen, mit denen man gerne 20 Jahre zusammenarbeitet. Beruflich schon – gezwungenermaßen – aber privat? Das kann man oft an einer Hand abzählen. Mit
Ferdinand war das aber so.
Ferdinand war nie in unserem Stadion und dennoch war er ein Erzrapidler. Das war eine seiner Eigenschaften, die ich erst in den letzten Jahren kennen lernen durfte.
Ich bin sicher, Ihr kennt
Ferdinand auch, wenn ich Euch erzähle, dass er die Person hinter dem
Spielefest war, eine sehr populäre, jährliche Veranstaltung im Austria Center (früher auch in anderen Hallen). Sogar bei Rapid-Heimspielen wurde für dieses Event geworben.
Weiters müsst Ihr wissen, dass der Computer wahrscheinlich für mich erfunden wurde, denn seit den ersten Begegnungen mit dieser Technologie so in den 1970er Jahren (wen dieses Entwicklung interessiert, findet hier eine Chronologie unter dem Titel
„Wie kommen die Bilder in das Kastl“) haben mich diese „Gehirnverlängerer“ fest im Griff; so wie seit 2000 es auch Rapid gelungen ist.
Es geht nun nicht allein um das persönliche Arbeiten mit Computern, das auch, es geht vor allem auch um eine Gemeinschaft, die versucht, sich dieses Gebiet zu erschließen. Und genau das, später auch „Rapid“, verband mich mit
Ferdinand.
Ferdinand de Cassan, 1949-2017
Jetzt erst, nachdem wir zurückblicken müssen, wird mir bewusst, wie
Ferdinand unsere Club-Gemeinschaft geschätzt hat und wie wir von ihm gelernt haben. Er hat trotz großer Beschwerden den weiten Weg nach Wien auf sich genommen, um unsere Vortragsabende in Simmering zu besuchen. Ich bewundere, wie unbeirrbar er seinen Weg gegangen ist, ohne zu klagen. Ich schildere Euch hier meine Zeit mit
Ferdinand.
Eine virtuelle Kooperation
Ich erinnere mich an allererste rein elektronische Kontakte mit
Ferdinand etwa Mitte der 1990er Jahre. Das damalige Konzept unserer Clubzeitung
PCNEWS war es, eine Zeitschrift für alle interessierten Computerclubs zu sein und tatsächlich wurde der damalige OeCAC, dessen Obmann
Ferdinand war, zum Mitherausgeber unserer PCNEWS. Der OeCAC bezog damals für seine Mitglieder die PCNEWS von Ausgabe 56 (1998) bis 96 (2005). Interessant an dieser Kooperation war, dass wir einander in diesen Jahren nur über E-Mail gekannt haben.
Ferdinand hat etwa 2005 seine Tätigkeit beim OeCAC beendet und sich gemeinsam mit einigen anderen aus diesem Verein dem damaligen CCC angeschlossen. Ein erstes Bild kann ich Euch von einer Klubsitzung am 1. März 2007 in der Zehnermarie zeigen:
Spielemuseum und Spielefest
Es hat einige Zeit gedauert, bis ich realisiert habe, dass es sich bei seinem Wohnort Leopoldsdorf nicht um die gleichnamige Ortschaft in Süden von Wien gehandelt hat sondern um das Leopoldsdorf im Marchfeld. Erst als mir das Navi mehrere „Leopoldsdorf“ angeboten hat, wurde der Irrtum aufgeklärt.
Durch meine fallweisen Besuche in Clubangelegenheiten in diesem Leopoldsdorf im Marchfeld wurde mir klar, welch unglaublich vielfältige Interessen
Ferdinand hatte. Nicht nur, dass er in den früheren Jahren mit seiner Frau
Dagmar noch die Rosenzucht „Grumer-Rosen“ betrieben hat, baute er auch mit ihr das dortige Spielemuseum auf; ebenso die mächtige Plattform für Spiele
http://spiele.at, die bei ccc.at gehostet wird.
Ferdinand war auch der Veranstalter des „Spielefest“ (
http://www.spielefest.at), das ein Mal jährlich im Austria Center abgehalten wurde.
Iin der Spiele-Community war
Ferdinand weit über die Grenzen Österreichs bekannt und nahm an vielen einschlägigen Kongressen teil.
Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich bei unseren Besuchen im Hanappi-Stadion das Spielefest-Logo auf der Anzeigetafel erkannte.
Ferdinand hat es bestens verstanden, seine Projekte dem richtigen Publikum vorzustellen. Ein volles Austria Center war dieser Veranstaltung gewiss.
Vorstandsmitglied bei ClubComputer
Dennoch fand
Ferdinand Zeit, uns beim CCC, später bei Clubcomputer, zu beraten.
Ferdinand betrieb eine aufwändig PC-Infrastruktur und ich habe mir bei ihm die Anordnung mit zwei Bildschirmen abgeschaut. Ihr müsst wissen, dass
Ferdinand selbst eine Zeitschrift für seine Spiele-Fans verlegt hat. Er tat das mit einer größeren Professionalität als ich das für die PCNEWS tue und er hatte einen wesentlichen Einfluss auf das heutige Layout der PCNEWS. In einer intensiven Diskussion um das Layout legten wir bei Gründung von ClubComputer das Layout mit den farblich gekennzeichneten Abschnitten fest und später folgten wir Ferdinands Rat und straffen den Eingangsteil der Ausgabe. Die heutige Form der PCNEWS wurde also wesentlich von
Ferdinand mit beeinflusst.
Ferdinand, ein Rapidler
Wie es ist, wenn man sich in einer Runde von Nicht-Fußballern als Rapid-Fan outet? Ja, einerseits gibt es da einige, die die Nase rümpfen. Aber es passiert immer wieder, dass jemand auf Dich zugeht und „gesteht“; dass er auch ein Rapid-Anhänger ist. So war das mit
Ferdinand auch.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber als ich mit
Florian vor drei Jahren unseren Rapid-Fanklub
EwkiL:Rapid gegründet habe, erzählte ich
Ferdinand über diese Gründung und konnte es zunächst gar nicht glauben, dass sich
Ferdinand als Mitglied bei
EwkiL:Rapid eintragen wollte. Denn was haben schon Spiele oder Computer mit Rapid zu tun? Anfangs dachte ich, er wolle mit helfen, mehr Mitglieder zu bekommen, aber es stellte sich bald heraus, dass
Ferdinand tatsächlich mit großem Interesse das Auf und Ab des Erfolgs von Rapid verfolgt hat. So kann man sich irren. Seit dieser Zeit verging keine Begegnung mit ihm, dass ich mit ihm diese bisher unbekannte Facette seiner vielen Interessen diskutiert habe.
Fast wäre es ihm auch gelungen, das neue Stadion zu besuchen, denn die Übersiedlung aus dem Marchfeld in den 14. Bezirk war schon abgeschlossen, aber eine familiäre Verpflichtung hatte den bereits geplanten Besuch im vorigen Jahr verhindert.
Und es ist nicht nur das Interesse an Rapid, das einen „Rapidler“ ausmacht. Es ist dieses bedingungslose Einstehen für eine Idee, so wie das
Ferdinand in allen seinen Aktivitäten vorgelebt hat.
Das war sie, meine Zeit mit
Ferdinand, und man kann die Wehmut nicht verbergen, dass es jetzt nur mehr Erinnerungen sind.
Ferdinand ist am 10.3.2017 nach langer schwerer Krankheit verstorben.