Enthüllung Gedenktafel Schmelz

Geschichte der Schmelz

Vor der Ringstraßenzeit, als noch die Stadtmauer stand, benutze die Armee das Glacis als weitläufigen Exerzierplatz. Im Zuge der Umgestaltung der Innenstadt wurde der Armee das Gebiet der Schmelz als Übungsgelände zugewiesen. In den übungsfreien Zeiten konnten Sportvereine das Gelände nutzen. Um 1892 hat das Gelände etwa so ausgeschaut:

Landkarte von Fünfhaus 1892

Diese Landkarte befindet sich im Eingangsbereich zur U-Bahnstation Johnstraße. Sie zeigt die Gegend um die Schmelz um 1892, denn der Linienwall (gezackte Mauer entlang des heutigen Gürtels) war noch intakt (Abriss 1894). Die Häuserzeile in der Selzergasse bestand noch nicht. Auf dem Gebiet der heutigen Stadthalle befand sich der Schmelzer Friedhof. Man erkennt die Planungsgebiete rund um die Schmelz, die Schmelz selbst blieb naturbelassen. Der Weg westlich vom Buchstaben „S“ des Schriftzugs „SCHMELZ“ ist genau der Weg, an dem heute die Enthüllung der Gedenktafel stattfand.

Anfänge

Am 22. Juli 1897 wurde der „1. Wiener Arbeiterfußballklub“ gegründet und nutzte das Gebiet der Schmelz für die ersten Spiele. Dabei mussten die Spieler selbst die Spielfelder abstecken und durch den Verkauf einfacher Stadionzeitungen, auf die damals noch die Spielregeln aufgedruckt waren, für die ersten Einnahmen sorgen. Das können wir einer solchen Stadionzeitung aus dem Jahr 1900 entnehmen, einer der wenigen Belege für die Zeit auf der Schmelz:

Programm für ein Fußballspiel am 14. Oktober 1900 auf dem Schmelzer Exerzierfeld mit Spielregeln, die noch mit den englischen Fachbegriffen wie Forwarder, Gpalkeeper, Half-Back, Back und Football-Match abgefasst sind. Rapid spielte in rot-blau. Beachte die alte Rechtschreibung.

Damals, also in der Monarchie, hatten es Organisationen mit den Beinamen „Arbeiter“ oder „sozialistisch“ nicht leicht. Und neben den sportlichen Misserfolgen war auch das ein Grund, warum man schon zwei Jahre nach der Gründung eine Namensänderung anstrebte.

Es ging damals – wie heute auch – ums Geld. Eintritt konnte man nur verlangen, wenn das Gelände abgezäunt und uneinsichtig war. Daher strebte Rapid nach den ersten Jahren auf der Schmelz einen solchen eigenen Platz an und fand ihn 1903 auf dem abschüssigen Grundstück in der nahe gelegenen Selzergasse. Die folgenden Bilder zeigen die Selzergasse im Jahre 1907 und die heutigen Ansicht derselben Häuser.

1912 erfolgte dann die Übersiedlung nach Hütteldorf.

Tschechen bei Rapid

Der Kader war von den vielen tschechischen Migranten geprägt. Markant waren die vier Brüder Schediwy (eingedeutscht von „Šedivý“ = „Grau“). Karl und Alois spielten bereits zu Zeiten des Arbeiter FC für Rapid, Josef scheint 1900 erstmals im Kader auf. Josef stirbt im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft. Es gibt einen Nachruf in der Chronik- 1919 „20 Jahre Rapid“. Franz war 10 Jahre jünger und spielte noch bis in die 1920er-Jahre. Karl war später als Funktionär noch jahrzehntelang tätig. (im „Neuen Rapid Buch“ aus den 1970er-Jahren von Günther Allinger kommt er zu Beginn vor). Karl und Franz sind am Baumgartner Friedhof begraben.

Gedenktafel

An diese Anfänge von Rapid erinnert die heute enthüllte Gedenktafel, und der dafür gewählte Tag, der 22. Juli, ist der Gründungstag des 1. Wiener Arbeiterfußballclubs.

Auf der Tafel werden die damaligen Umstände so geschildert:

Die Schmelz

An dieser Stelle befand sich das Schmelzer Exerzierfeld, die erste Heimstätte des SK Rapid. Der damalige 1. Wiener Arbeiter Fußball-Club spielte hier von 1897 bis 1903.

Als Ersatz für die innerstädtischen Übungsplätze, die im Zuge der Errichtung der Ringstraße verbaut wurden,; erhält die Habsburger Armee die Schmelz als Truppenübungs- und Exerzierfeld, das auch bei Staatsempfängen für Paraden genutzt wurde. lm Dezember 1897 bekommt der am 22; Juli 1897 gegründete 1. Wiener Arbeiter Fußball-Club die Genehmigung, hier seine Übungen und Spiele abzuhalten. Auch nach der am 8. Jänner 1899 erfolgten Umbenennung in Sportclub „Rapid“ bleibt der zu diesem Zeitpunkt noch in der Farbkombination Blau-Rot spielende Verein für einige Jahre auf der Schmelz. 1903 wird schließlich auf den ums Eck liegenden Rudolfsheimer Sportplatz übersiedelt.

Auch abseits des 1. Wiener Arbeiter Fußball-Clubs ist die Schmelz ein Zentrum der proletarischen Sportbewegung und der Arbeiterbewegung insgesamt. Rund um das Schmelzer Exerzierfeld leben in erster Linie aus Böhmen und Mähren zugewanderte Arbeiter und Arbeiterinnen, die sich in ihren Betrieben und vielen anderen Lebensbereichen zu Gewerkschaften und Vereinen zusammenschließen. Gemeinsam wollen sie das Elend, in dem sie leben und arbeiten müssen, bekämpfen. Neben politischen Zielen spielt aber auch die Gestaltung der eigenen Freizeit eine große Rolle. Solidarität soll nicht nur am Arbeitsplatz, sondern in jedem Lebensbereich eine Rolle spielen. In Folge entsteht ein einmaliges Soziotop des Zusammenhalts.

Viele der hier entstandenen Vereine gehen später in der ASKÖ beziehungsweise dem WAT auf. Zwei Verbände, die hier bis heute Sport betreiben und mit Ihrer Infrastruktur einen wesentlichen Beitrag für den Breitensport leisten.

Text der Gedenktafel

Die Tafel zeigt daneben auf einer historischen Landkarte Spielorte, Wohnorte der Funktionäre und Spieler sowie Versammlungsorte im Bezirk, die zeigen, dass viele der prominenten Vertreter in Fünfhaus, dem Gebiet südöstlich von der Schmelz gewohnt haben. Auch lange nach der Übersiedlung nach Hütteldorf fanden Veranstaltungen in Fünfhaus statt.

Arbeiterfußball

Auch wenn man „Rapid“ und nicht mehr „Arbeiterfußballclub“ hieß, war es klar, dass Spieler, Funktionäre und das Publikum aus dem Arbeitermilieu stammten oder sich mit den sozialistischen Idealen identifizierten. Während diese Ideologie in der Monarchie unterdrückt wurde, konnte sie sich in der jungen Ersten Republik in den Zeiten des Roten Wien frei entfalten. 1919 wurde der WAT (Wiener Arbeiter Turn- und Sportverband) gegründet und feiert heuer sein 100jähriges Bestandsjubiläum. Bereits 1889 wurde der Vorläufer der heute als ASKÖ bekannte „Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich“ gegründet.

Eigentlich wäre es nahe liegend gewesen, dass Rapid als immer noch Arbeiterfußballklub Teil dieser Organisationen der Arbeiterschaft wird. Tatsächlich war auch beim 20jährigen Jubiläum von Rapid, bei der Generalversammlung 1919 einer der Tagesordnungspunkte ein Antrag für die Aufnahme in der späteren ASKÖ. Doch aus organisatorischen Gründen wurde dieser Punkt auf die nächste Hauptversammlung vertagt.

Gleichzeitig wurde in diesen Jahren die Gründung einer Profiliga in Österreich vorangetrieben. Österreich war das erste Land in Kontinentaleuropa, das eine solche Profiliga realisiert hat. Da sich auch Rapid an dieser Liga beteiligte, waren damit weitere Verbindungen zum ASKÖ nicht mehr möglich und Rapid wurde einer der Vereine der Profiliga.

Festakt

Der Standort der Tafel, „Auf der Schmelz 10“ ist so ziemlich genau die Mitte der Schmelz, und man erreicht diesen Ort nur zu Fuß. Schon ein ziemlich mühsames Unterfangen für den 93jährigen Alfred Körner, der ebenso wie Stefan Schwab zu der Enthüllung „beordert“ wurde. Christian, der einen Kleingarten auf der Schmelz besitzt, hat der betagten Legende einen bequemen Stuhl aus seinem Garten gebracht.

Für das Arrangement sorge Robert, das Fernsehteam von w24, Gunther und Alex drehten für die Rapidviertelstunde-194 am kommenden Freitag.

Weiters waren anwesend: das Team des Rapideums, das auch die Gedenktafel gestaltet hat, Christoph Peschek, Peter Klinglmüller, Präsident und Geschäftsführer des ASKÖ und der Präsident des WAT. Im Zuge der von Andy Marek moderierten Interviews erfuhren wir von Michael Maurer (Geschäftsführer des ASKÖ) das interessante Detail, warum Rapid 1919 fast Mitglied des ASKÖ geworden wäre, das Vorhaben aber durch einen Zufall nicht zustande kam und später wegen der Gründung der Profiliga nicht mehr möglich war.

Es waren auch zahlreiche Mitglieder anwesend, allen voran Oliver mit einer Ultras-Delegation, Brucki, Julian, Christian, Thomas, Florian und Franz und sicher noch einige weitere.

Schließlich wurde die Gedenktafel mit vereinten Kräften enthüllt und bot den Hintergrund für zahlreiche Erinnerungsfotos. (siehe EwkiL Bilder).

Die Tafel ist vorläufig am Zaun der Anlage des ASKÖ angebracht. Bei der geplanten Neugestaltung wird die Tafel ihren endgültigen Platz bekommen.

Ausgewählte Bilder

Hinweis: dieser Beitrag wird möglicherweise durch einen Zeitungsausschnitt aus 1919 ergänzt werden, der den geplanten Beitritt von Rapid zum damaligen ASKÖ dokumentiert.

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