Spiel oder Stimme
Ich weiß oft nicht, was genau mich zu Rapid zieht: das Spiel oder die Stimme. Jedenfalls begleite ich unseren Sohn Florian und versuche, ihm ein einigermaßen gleichwertiger Gesprächspartner zu sein. Als er etwa 10 Jahre alt war, begann er sich für Fußball zu interessieren. Es war ein theoretisches Interesse, ein solches von dem Fernseher. Es waren die Jahre von Sturm Graz und FC Tirol. Rapid war damals für uns kein Thema und spielte nur eine untergeordnete Rolle.
Es wurde mir klar, dass man dieses große Interesse für Fußball fördern müsse, aber wie? Ich selbst wusste nichts über Fußball, Florian war mir mit seiner Detailkenntnis weit voraus. Für uns, als Favoritner, war es naheliegend, zum nächstgelegenen Bundesliga-Verein zu gehen, und im Jahr 2000 besuchten wir tatsächlich einige Spiele am Verteilerkreis. In der Folge planten wir Reisen so, dass wir möglichst immer auch ein Fußballspiel besuchen konnten. Graz, Salzburg, Innsbruck, Bregenz und Klagenfurt waren unsere Ziele.
Schließlich fehlte uns noch ein Verein in unserer Sammlung: Rapid. Wir wählten das Spiel Rapid-LASK am 28.4.2001. Es war die Zeit, als das Hanappi-Stadion ein neues Dach bekommen sollte und es gab auf der West aus diesem Anlass auch ein Spruchband. Rapid war Zweiter in der Tabelle, der Trainer Ernst Dokupil. Umso betrüblicher die Zuschauerzahl von nur 6.850.
Dennoch war es nicht ein Spiel wie alle anderen, die wir gesehen haben. Es war der uns damals unbekannte Mann mit dem Mikro, der den Unterschied ausmachte. Ich hatte den Eindruck, als würde er mich und mit mir auch alle anderen im Stadion persönlich ansprechen. Hier war jemand, der nicht nur eine Mannschaftsaufstellung aufsagt. Die Stimme appellierte an eine Gemeinschaft, sprach von einer Familie, und der größte Wunsch des Sprechers war, dass sich diese Familie vergrößern möge.
Man muss Florian eher die Wünsche von den Augen ablesen als dass er sie aussprechen würde. Umso mehr hat mich verblüfft, dass er bei der Heimfahrt von unserem ersten Spiel in Hütteldorf von sich aus vorgeschlagen hat, ab jetzt nur mehr Spiele von Rapid in Hütteldorf zu besuchen. Vielleicht war es die interessante Stadionzeitung, vielleicht hatte auch ihn diese Stimme fasziniert, jedenfalls war es bemerkenswert,
Und so war es! Zwar waren diese Stadionbesuche bedingt durch schulische Verpflichtungen nicht immer möglich, aber wir tasteten uns an den grün-weißen Fußball schrittweise an; zunächst mit Einzelkarten, dann mit einem Frühjahrsabo auf der Nord, natürlich ergänzt durch Mitgliedschaften. An einem „Tag der offenen Tür“ gewann Florian ein Abo auf der Südtribüne. Das war der Startschuss für eine immer enger werdende Bindung an Rapid. Aus diesem einen Abo wurden im Laufe der Jahre vier und wir begannen, an allen Veranstaltungen, die den Mitgliedern angeboten wurden, teilzunehmen, wurden zu fallweisen Auswärtsfahrern, auch international.
Und so, wie unsere Beziehung zu Rapid sich intensivierte, so wuchs auch die Rapid-Euphorie bei den Gleichgesinnten gleichermaßen. Wir alle wurden vom charismatischen Sprecher angezogen; es war magisch, wenn „Hier kommt Rapid!“ aus den Lautsprechern schallte.
Während unserer 20 Jahre mit Rapid stiegen die Zuschauerzahlen bei Rapid viel stärker als bei den Mitbewerbern. Es ist unschwer zu erraten, dass der Grund für diese große Popularität einen Namen hat:
Andy Marek
Die folgenden Grafiken zeigen im Vergleich die Entwicklung der Zuschauerzahlen bis 1991 und ab 1992 – ohne weiteren Kommentar.
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2 Antworten zu “Spiel oder Stimme?”
[…] 2021-01-10 Spiel oder Stimme?http://klubderfreunde.at/2021/01/spiel-oder-stimme/ […]
[…] mich gleich ans Werk, diesen ersten Tag bei Rapid zu rekapitulieren. Es entstand der Artikel „Spiel oder Stimme?“, der dann auch im Buch auf Seite 274 im Abschnitt „… wir fühlten uns von ihm […]