Rapid-Sturm
Die letzten Spiele
Das letzte Spiel in Graz wurde 4:1 verloren, davor blieb Rapid 8 Spiele ungeschlagen und davor war Sturm 8 Spiele ungeschlagen. (Miss-)Erfolg kommt irgendwie in Wellen. Rapid ist in einem Wellental, und ob der Cupaufstieg eine Trendwende war, werden wir ja heute sehen. Es ist so etwas wie ein „Gesetz der Serie“.
Der Schiedsrichter
Schiedsrichter Gishamer hat 10 Spiele von Rapid geleitet. Nur ein Spiel wurde dabei verloren. Man kann also sagen, dass Gishamer „gut für Rapid“ ist. In Punkten hat Rapid einen Schnitt von 1,72 Punkten, gemittelt über alle Schiedsrichter. Bei der Spielen unter der Leitung von SR Gishamer erzielte Rapid 2,30 Punkte.
0:3 (0:1), 16.900, Gishamer, Bundesliga, 9. Runde
Das Hoch in dem sich Sturm derzeit befindet und das Tief von Rapid zeigen sich in aller Klarheit in diesem Ergebnis.
Das Ergebnis ist viel deutlicher als unser Empfinden. Was auch immer man bei dem Admira-Cup-Spiel nörgelnd angemerkt hat, war an diesem Nachmittag nicht zu sehen. Wir sahen Einsatzbereitschaft, Kampfgeist, schöne Kombinationen und auch vielen Chancen, doch die Tore machte Sturm. Man ist geneigt, den abgedroschenen Spruch „Wenn’s (net) laft, dann laft’s (net)“ abzuwandeln. Die Spielstatistik der Bundesliga zeigt in den meisten Belangen ein Übergewicht von Rapid. Die dortige Statistik verzeichnet je drei Schüsse auf das Tor für Sturm und für Rapid, nur wurden die von Rapid geblockt.
Wir Stadion-Zuschauer sind ein bisschen die Stiefkinder der Berichterstattung. Wir bezahlen nicht nur für ein Fußball-im-Fernsehen-Abo, sondern auch für die Plätze im Stadion. Aber viele Entscheidungen werden uns vorenthalten. Zum Beispiel wird uns unzureichend kommuniziert, warum ein tolles Rapid-Tor von Aiwu nicht gegeben wurde. Die Reaktion des Linienrichters können wir nicht sehen (das liegt an der Enge des Stadions), es gibt keine Wiederholung der Szene, obwohl dieses Videoschnipsel durch den VAR aufbereitet worden ist. Ach ja, der Mann hinter dem VAR war Manuel Schüttengruber und der dortige Supervisor war Robert Sedlacek.
Das Tor zum 1:0 war beim ersten Hinsehen ein klares Abseits, aber nach einer Nachbetrachtung nicht, weil der ins Abseits laufende Yeboah beim entscheidenden Pass nicht an den Ball gegangen ist und daher das Spielgeschehen nicht beeinflusst hat. Man kann aus diesem Tor auch eine Taktik für das eigene Konterspiel ableiten. Einer von zwei Stürmern läuft ins Abseits und führt dadurch die Verteidigung in die Irre, weil er danach gar nicht angespielt wird, sondern der nachrückende zweite Stürmer. Und erst dieser zweite überwindet die letzten Verteidigungslinie, während der erste Stürmer, der in der Zwischenzeit weit in der gegnerischen Hälfte gelaufen ist und auf das letzte Zuspiel wartet.
Nun wartet in der nächsten Runde ein echtes Entscheidungsspiel auf Rapid. Und es geht nicht um einen Platz an der Sonne, sondern es geht um die Rote Laterne, die wir uns noch vor der Länderspielpause einhandeln können. Also das wollen wir nun wirklich nicht hoffen!
Wo liegt der Wurm?
Eine Elfer-Frage! Als ich nach dem 0:3 einen aufgeregten Nachbarn wütend „Kühbauer raus“ schreien hörte, hatte ich den Eindruck, dass der Trainer die Rolle eines Buhmanns mit einem vereinbarten Schmerzensgeld hat, weil man der Mannschaft die Bemühung nicht absprechen konnte, und für Millimeter-Entscheidungen sind weder Spieler oder Trainer und auch nicht die Schiedsrichter verantwortlich. Das „Vergehen“ eines Spielers, wenn sein Kopf über den des letzten Verteidigers um Zentimeter hinausragt, und der Linienrichter auf Abseits entscheidet; das kann man nicht wirklich trainieren, das ist reiner Zufall. Denn wenn das Rapid-Tor gezählt hätte, könnten wir auch mit einem umgekehrten Endstand, nämlich mit 3:0 nach Hause gegangen sein. Aber das wolle eben heute nicht sein.
Das Problem ist die Häufung dieser Ausrutscher; möglicherweise sind es gar keine, sondern es ist vielleicht die neue Normalität bei Rapid!
Aber es muss doch einen Grund geben, warum eine im Wesentlichen unveränderte Mannschaft in der heurigen Saison nicht so frisch erscheint. Nun hat uns Didi schon Gründe genannt; das Programm von Rapid mit englischen Wochen seit Mitte Juli war wirklich herausfordernd, auch das liebe – und nie ausreichend vorhandene – Geld spielt eine Rolle. Die Transfers waren preiswert, mir gefallen die neuen Spieler sehr gut, allen voran Marco Grüll. Aber das Bessere ist der Feind des Guten. In dieser Disziplin der Transfers wird das Präsidium unseren Zoki vielleicht belobigen, aber Andreas Schicker dürfte mit seinen Neuerwerbungen Rapid ausgestochen haben. Das Halten von Spielern um jeden Preis hat in den ersten Spielen möglicherweise einen gewissen Einfluss auf die Spielfreude gehabt.
Was mich bedenklich stimmte, war ein Satz von Didi, den er schon einmal, damals beim Abdanken als Trainer beim WAC gesagt hat, dass er nämlich im Falle einer Abberufung, eine funktionierende Mannschaft hinterlassen würde. Soweit dürfte es noch nicht sein, denn Rapid ist wahrscheinlich derzeit finanziell nicht so gut ausgestattet, um noch ein zweites Top-Gehalt für einen Nachfolger von Didi zahlen zu können.
Die Niederlagen schmerzen! Sportlich sowieso, aber auch die Einnahmensituation wird sich mit rückläufigen Zuschauerzahlen verschlechtern. Da kommt die 2G-Regel gerade recht, weil man die Motive, warum jemand nicht ins Stadion kommt, nur schwer zuordnen kann.
Ambiente
Hinter der Tribüne sah man viele Grazer Schlachtenbummler. Die „Stammtischrunde Lassing“ hatte sogar ein zweiseitig bedrucktes T-Shirt mit hinten „mir kumma heid sicha nid niacht hoam“ und vorne „Stammtischausflug 26.9.2021 zum Match RAPID : STURM“ (siehe EwkiL:Bilder).
Bereits unmittelbar nach dem Einlass, 90 Minuten vor Spielbeginn, meldeten sich vom Block laute Sprechchöre. Es waren dies offenbar befreundete Fangruppen aus Griechenland, die mit dem Banner „20 Years Brothers“ begrüßt wurden.
Lukas berichtete über bereits 220 offizielle Rapid-Fanklubs. Zwei Fanklubs wurde von Geschäftsführer Christoph Peschek für ihre langjährige Zusammenarbeit gedankt; für 25 Jahre den „Green White Styrian Panthers“ und für 40 Jahre dem „Fanklub Speising“ besonders Johann Janda und Thomas Jackelbauer.
Auf der anderen Seite sahen wir den wohl zweitgrößten Fanblock aus Graz. Kein zweiter Anhang kann den Auswärtsblock in Hütteldorf derart füllen. Es ist schon Tradition, dass der Block die Grazer mit „Anti-Graz“ begrüßt und die Grazer das mit einem baugleichen Doppelhalter „Pro-Graz“ quittieren.
Die Tornados spotten Richtung Graz: „Sturm erntet derzeit, was sie gesät haben. Wien dankt seinen Bauern für Getreide, Obst und Kernöl!“, die Ultras schimpfen Richtung Politik: „Unser G an die Politik: Geht’s in Oasch!“, andere wieder mit einer nur für Insider verständlichen Botschaft Richtung Sturm: „Stadt… Tankstelle… Dampflok; nächster Halt Nordkurve?“, schließlich titelt „GWS?: „VAR entsorgen, besser heut‘ als morgen!“
Die Rapidviertelstunde wurde gebührend mit Fackeln beleuchtet.
Nach dem 0:3 verließen die Zuschauer scharenweise unsere Tribüne, der Block sang mit dem Rücken zum Spielfeld, nach Spielende lief ein aufgebrachter Zuschauer aufs Spielfeld und wurde von zwei Mitarbeitern des Klubservice nach draußen eskortiert, statt einer Verabschiedung gab’s Pfiffe.
Eine Trendwende ist vielleicht am nächsten Sonntag möglich, doch nach dem gestrigen 4:1 der Tiroler sind die im Aufwind und Rapid noch weiter im Keller, also auch noch keine „gmahde Wiesn“.
Kopf hoch, Rapidler! Lasst die Köpfe nicht hängen und bitte auch nicht rollen.
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