Profi-Schiedsrichter?
Keine Profi-Schiedsrichter
Bei der Konsumation von Fußballspielen dauert es nicht lange, bis jemand einwirft: „In Österreich gibt es keine Profi-Schiedsrichter!“
Entweder meint man, dass die Schiedsrichter zu wenig professionell auftreten oder, dass die Schiedsrichter ihre Tätigkeit nur nebenberuflich ausführen. Ersteres müsste man ihnen nachsehen, weil sie ja einem Hauptberuf nachgehen. Zweiteres ist ein finanzielles und auch soziales Problem – wie wir sehen werden.
Fehler des VAR
Gleich drei Mal hat man Rapid in dieser Saison – trotz VAR – einen Vorteil im Spiel vorenthalten:
- Wattens-Rapid: klares Elfmeterfoul im Strafraum wurde nicht gegeben, der Fehler wurde später eingestanden.
- Ried-Rapid: ein Rempler an Guido Burgstaller im Strafraum war dem Schiedsrichter nicht einmal eine Ansicht am Monitor wert. (In diesem Spiel wäre das aber spielentscheidend gewesen.)
- Ried-Rapid: die Rote Karte gegen Leo Querfeld wurde im Nachhinein als Fehler des VAR eingestanden.
Das Problem besteht natürlich nicht nur bei Rapid, sondern auch bei anderen Mannschaften. Besonders aufgefallen ist es beim Spiel Altach-RB als ein klares Foul im Strafraum, das eventuell vom Schiedsrichter am Feld nicht wahrgenommen wurde, das aber in der Wiederholung klar als solches zu erkennen war und daher vom VAR hätte geahndet werden sollen.
Warum wird der VAR nicht aktiv, wenn er sollte?
Ein wichtiger Aspekt – so las ich in einem Bericht von Peter Linden – ist die Bewertung.
Schiedsrichter treten in drei Rollen auf: am Platz, an der Outlinie als vierter Unparteiischer und als VAR-Schiedsrichter. Jeder wird eine dieser Rollen im Laufe der Saison mehrmals einnehmen.
Während der vierte Unparteiische eine unterstützende Rolle hat, bewirken Eingriffe des VAR aber fallweise eine Verschlechterung der Bewertung des Schiedsrichters am Platz, dann nämlich, wenn die ursprüngliche Entscheidung des Schiedsrichters durch den VAR geändert wird.
Das Problem dabei ist, dass schon in der nächsten Runde sich die Rollen von Pfeiferl und Maus umkehren können. Und aus Gründern einer gewissen „Kollegialität“ vermeidet der jeweilige VAR das Einschreiten – auf Kosten der versprochenen besseren Fairness bei den Entscheidungen. Man könnte auch sagen: „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“
Das wird nicht die Regel sein aber immerhin ein Aspekt, den es zu beachten gibt. Es ist ein organisatorischer Fehler, dass Schiedsrichter sich in strittigen Situationen gegenseitig bewerten.
Warum gibt es keine Profi-Schiedsrichter?
In einem großen Interview mit 90minuten.at schildert Robert Sedlacek*) die Probleme des österreichischen Schiedsrichterwesens. Dass Robert Sedlacek ehrenamtlicher Leiter des Schiedsrichterwesens ist, merkt man an dem eher mickrigen Eintrag des ÖFB nicht. Link
International sind österreichische Schiedsrichter nicht mehr erste Wahl, vielleicht nicht einmal zweite. Der Grund dürfte sein, dass größere Ligen es schaffen, ihre Top-Schiedsrichter mit Profiverträgen auszustatten, aber das wäre in Österreich nicht möglich, sagte Sedlacek.
Warum geht das in Deutschland, nicht aber in Österreich?
So wie die Spieler haben auch die Schiedsrichter ein natürliches „Ablaufdatum“. Wenn der Schiedsrichter seine Tätigkeit nur als Nebenberuf ausübt, spielt der Wegfall der Schiedsrichterkarriere keine große Rolle, da er in seinem Hauptberuf verbleibt. Wenn der Schiedsrichter aber Profi ist, dann muss er auch nach seiner sportlichen Karriere beschäftigt werden. Die Verbandsstrukturen in großen Ländern erlauben es, dass man die altgedienten Profischiedsrichter in verschiedensten Verwaltungsbereichen weiterbeschäftigen kann. Aber diese Möglichkeiten gibt es in Österreich nicht.
Man könnte nun diese beiden Umstände koppeln, indem man Profi-Schiedsrichter einführt und gleichzeitig auch für eine produktive Arbeit nach der Beendigung ihrer Karriere sorgt, indem man diese Schiedsrichter zu Profi-VARs ausbildet und daher die Schiedsrichter am Feld und die Schiedsrichter am Bildschirm verschiedene Gruppen sind und daher der VAR unabhängiger agieren als das jetzt der Fall ist.
Schiedsrichter können nach wie vor nebenberuflich arbeiten. Nehmen sie aber einen Job als Profi-Schiedsrichter an, dann sind sie in jungen Jahren ausschließlich am Feld im Einsatz. Nach Ablauf ihrer Karriere am Feld werden sie zum VAR-Schiedsrichter.
Dadurch wird vermieden, dass Entscheidungen des VAR-Schiedsrichters indirekten Einfluss auf seine eigene Bewertung haben.
*) sedlák: Bauer; sedláček: Bäuerlein
Titelbild aus Pixabay