WM-Zwischenbilanz

Im Beitrag „WM-Teilnehmer und wir“ wurde dargestellt, wie sich die österreichische Nationalmannschaft im Vergleicht mit den WM-Teilnehmern positioniert. Im Beitrag „Guerilla-Fußball“ wurde gezeigt, dass zwar die Top-Nationen über Spieler mit einem großen Marktwert verfügen, dass aber viele kleinere Konkurrenten, mit viel geringerer Popularität ihrer Spieler, dennoch beachtliche Platzierungen aufweisen. Ein Sportler will natürlich in allen Bewerben seiner Disziplin Titel holen. Aber welche Bewerbe sind wertvoller: jene mit einem Leistungsmaß über einen längeren Zeitraum oder jene, die punktuell erbracht wurden? Es sind immer die über einen längeren Zeitraum. Ein Weltcup-Gesamtsieg eines Marcel Hirscher über eine ganze Saison hat einen höheren Wert als ein WM-Titel, bei dem ein einzelner Einfädler genügt, den besten Rennfahrer zu disqualifizieren. Auch im Fußball ist das so, wir gewichten einen Meistertitel über 36 gespielte Runden höher als einen Cupsieger im KO-System über 6 Runden. Der Fußball-Weltmeister hat 7 Spiele absolviert, die letzten vier davon muss er gewonnen haben. Einen Weltmeister, dessen Leistung über einen langen Zeitraum ermittelt wird, gibt es nicht oder nur in Form einer bedeutungslosen FIFA-Weltrangliste. Ein Fußballchampion kann also ein Team werden, der über kuriose und einmalige Situationen zu diesem Titel kommt. Ein KO-Phase ist statistisch gesehen langweilig, handelt es sich doch um Einzelspiele, die man nicht gut zusammenfassen kann. Daher ist das Ende der Gruppenphase ein guter Zeitpunkt, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Wäre der Wettbewerb eine Meisterschaft mit einem Durchgang, wären insgesamt 31 Spiele zu bestreiten. Von diesem Durchgang sind drei Runden gespielt, also etwa 10 Prozent. Die Mannschaften werden gereiht nach
  • Punkte
  • Tordifferenz
  • Geschossene Tore
Das ergibt folgende Reihung: 1. Belgien, 2. Kroatien, 3. Uruguay, 4. Brasilien, 5. Frankreich, 6. England, 7. Russland, 8. Schweden, 9. Kolumbien, 10. Mexiko, 11. Dänemark, 12. Spanien, 13. Portugal, 14. Schweiz, 15. Japan, 16. Senegal, 17. Iran, 18. Argentinien, 19. Südkorea, 20. Peru, 21. Nigeria, 22. Serbien, 23. Deutschland, 24. Tunesien, 25. Polen, 26. Saudi-Arabien, 27. Marokko, 28. Australien, 29. Island, 30. Costa Rica, 31. Ägypten, 32. Panama Diese Reihung folgt mit einer Ausnahme der Auswahl der Gruppenersten und Gruppenzweiten. Die Ausnahme ist Senegal, das nach dieser Wertung an Stelle von Argentinien weiterspielen könnte. In dieser Reihung werden die in der Gruppenwertung Erstplatzierten Schweden, Kolumbien und Spanien von den Zweitplatzierten England, Russland, Mexiko und Dänemark überholt. Der schechtestplatzierte Gruppensieger ist Spanien mit nur 5 Punkten. Wir vergleichen den erreichten Platz mit anderen bekannten Kenngrößen dieser Teams. Diese Kenngrößen sind:
  • Weltranglistenplatzierung
  • Marktwert
  • Alter
  • Legionäre
Die Diagramme im Excel-Sheet weiter hinten heißen: Legionäre, Alter, FIFA und Marktwert. In allen folgenden Diagrammen zeigt die X-Achse die obige Platzierung nach der Vorrunde und die y-Achse die jeweilige Kenngröße. Eine Trendlinie gibt uns einen Hinweis auf eine Abhängigkeit zwischen Platzierung und der betrachteten Kenngröße. Eine horizontale Trendlinie bedeutet, dass kein Zusammenhang besteht.

Alter

Das Durchschnittsalter hat einen leichten Einfluss auf die Platzierung. Jüngere Teams schneiden etwas besser ab. Die ältesten Teams haben Costa Rica, Argentinien und Mexiko, die jüngsten Teams haben Frankreich, England und Nigeria.

Legionäre

Der Anteil der Legionäre hat auf die Platzierung praktisch keinen Einfluss. Die meisten Legionäre haben Schweden und Senegal, die wenigsten England und Russland.

Marktwert

Teure Team schneiden besser ab, Ausreißer zeigen aber, dass man auch mit weniger Geld viel erreichen kann. Mit geringen Mitteln kommt man aber nicht weit, wie man an der fallenden Trendlinie gut ablesen kann. Die Teams mit Top-Marktwerte wie Frankreich, Spanien, Brasilien England und Deutschland hätte man sich besser erwartet. Sehr gut platziert sind Teams wie Uruguay, Kroatien, Russland, Schweden, Kolumbien, Mexiko, Dänemark und Schweiz, die mit vergleichsweise geringeren Marktwerten eine Top-Platzierung erreichen.

Weltranglistenplatzierung

Der Zusammenhang zwischen dem Weltranglistenplatz und der Platzierung im Turnier ist ebenfalls deutlich sichtbar, weil offenbar auch die Weltrangliste dem Marktwert der Mannschaft folgt. (Siehe Beitrag „Guerilla-Fußball„). Positiv überrascht Russland mit seinem 70 FIFA-Rang auf einem 7. Rang nach der Gruppenphase, negativ natürlich Deutschland mit seinem 23. Gesamtplatz.

Was sagt uns das alles?

Nach diesem Zwischenstand ist der Tipp für den Weltmeister: 1. Belgien, 2. Kroatien, 3. Uruguay. Dem später tatsächlich gekürten Weltmeister sind solche Darstellungen natürlich völlig egal. Die WM ist als ein Einzelereignis viel mehr durch Zufälle geprägt als es die FIFA-Weltrangliste ist. Schade eigentlich, dass es für die erreichten FIFA-Punkte keinen alljährlichen Weltcup gibt. Bei diesen Großveranstaltungen entscheidet oft ein Tor über Aufstieg oder Ausscheiden. Um die Langzeit-Teamqualität beurteilen zu können, sind verfügbare Maßzahlen über viele Spiele vorzuziehen. Obwohl nun Deutschland ausgeschieden ist und Österreich gar nicht teilgenommen hat, fehlen beiden Teams die Spiele der WM, um sich im FIFA-Ranking verbessern zu können. Deutschland wird einen Platz in der Spitzengruppe des FIFA-Rankings behalten, Österreich wird etwas zurückfallen. Weil eben die FIFA-Weltrangliste mehr Spiele einbezieht und diese auch geschickt durch Gewichtung bewertet, wurden alle obigen Auswertungen noch einmal durchgeführt aber als X-Achte wird nicht die Reihung nach der Gruppenphase sondern der Weltranglistenplatz gewählt. Die Diagramme im Excel-Sheet heißen: FIFA-Legionäre, FIFA-Alter und FIFA-Marktwert. Da sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben, wird hier auf eine Darstellung verzichtet. Der Leser kann alle diese Grafiken in der beigelegten Excel-Tabelle nachstellen. Zwei Auffälligkeiten seine aber erwähnt:
  1. Die Punktwolken erscheinen kompakter, offenbar weil die Reihenfolge der FIFA-Weltrangliste ein stabileres Vergleichskriterium ist als der Punktestand nach drei gespielten Runden.
  2. Die obige Aussage, dass Legionäre keinen Einfluss auf der Ergebnis hätten muss man korrigieren, denn es scheint doch einen Trend zu geben, der zeigt, dass Länder mit einem höheren Anteil von Legionären tendenziell besser abschneiden.
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