Liga und ‚Nati‘ IIII

Egal, ob es das Kolosseum im alten Rom oder die Fußballstadien in den modernen Metropolen ist: die dortigen Wettkämpfe widerspiegeln die Art, wie die Gesellschaft tickt. In diesem Beitrag werden daher gesellschaftsrelevante Größen mit dem fußballerischen Erfolg eines Landes verglichen.

Der Erfolg wurde für die Ligen an den UEFA-Punkten gemessen und und für die Nationalmannschaften an den FIFA-Punkten. Folgende Maßzahlen wurden untersucht:

  • Bevölkerung
  • Bruttoinlandprodukt (BIP)
  • Bruttoinlandprodukt pro Kopf (BIP)
  • Wirtschaftsfaktor Fußball (Wert der Mannschaften/BIP)
  • GINI-Index Einkommensverteilung
  • GINI-Index Vermögensverteilung
  • HD-Index (Human Development Index)

Alle europäischen Länder werden hinsichtlich dieser Maßzahlen und dem fußballerischen Erfolg in einem XY-Diagramm als Punktwolke eingetragen. Durch diese Punkte wurde eine Trendlinie gezeichnet, die es erlaubt, einen Zusammenhang aufzuzeigen. Verläuft diese Trendlinie horizontal, gibt es keinen Zusammenhang.

Alle Punkte unterhalb der Trendlinie kennzeichnen ein Land, das eine höhere fußballerische Bewertung erreicht als es der betreffenden Maßzahl dem Trend folgend entspricht, ein Punkt oberhalb der Trendlinie kennzeichnet ein Land, das mit dieser Maßzahl mehr an fußballerischen Erfolg erreichen könnte.

Bevölkerungszahl

Man weiß auch ohne eine grafische Darstellung, dass bevölkerungsreiche Länder fußballerisch erfolgreicher sind. Aber mit der folgenden Grafik kann man lernen, die einzelnen Länder besser einzuschätzen.

Je größer das Land, desto leistungsfähiger der dortige Fußball.

Liechtenstein, Zypern, Gibraltar, Färöer… erreichen einen viel höheren UEFA-Punktezahl als es der Größer der Bevölkerung entspricht. Russland, Türkei, Polen, Irland… erreichen eine zu geringe UEFA-Punktezahl. Österreich erzielt um deutlich mehr UEFA-Punkte als es seiner Einwohnerzahl entspricht.

Färöer, Island, Andorra, Montenegro… erreichen einen viel höheren FIFA-Punktezahl als es der Größer der Bevölkerung entspricht. Russland, Kazachstan, Mazedonien, Azerbaidschan… erreichen eine zu geringe FIFA-Punktezahl. Österreich erzielt um etwa 20 FIFA-Punkte mehr als es seiner Einwohnerzahl entspricht.

Bruttoinlandsprodukt

Mehr noch als die Bevölkerungszahl ist das Bruttoinlandsprodukt ein brauchbarer Indikator für die Einschätzung der fußballerischen Leistungsfähigkeit. Weil eben der Zusammenhang noch signifikanter ist als der Einfluss der Bevölkerungszahl, verlaufen auch die Trendlinien steiler.

Je größer die Wirtschaftskraft eines Landes, desto leistungsfähiger der dortige Fußball.

Zypern, Färöer, Gibraltar, Liechtenstein, Serbien, Liechtenstein… erreichen eine höhere UEFA-Punktezahl als es dem Bruttoinlandsprodukt entspricht. Irland, Finnland, Polen, Wales… erreichen einen geringere UEFA-Punktezahl als es dem Bruttoinlandsprodukt entspricht

Färöer, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Bosnien, Serbien, Kroatien… erreichen eine höhere FIFA-Punktezahl als es dem Bruttoinlandsprodukt entspricht. Kazachstan, Israel, Russland, Deutschland… erreichen eine geringere FIFA-Punktezahl als es dem Bruttoinlandsprodukt entspricht.

Österreich liegt bei den UEFA-Punkten exakt im erwartbaren Bereich; bei den FIFA-Punkten könnte Österreich – gemessen an seiner Wirtschaftskraft – etwa besser dastehen.

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf

Um eine von der Bevölkerungszahl unabhängige Kenngröße für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu bekommen, bezieht man das BIP auf die Bevölkerungszahl und erhält das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem BIP pro Kopf und dem Erfolg im Fußball.

Fußball als Teil der Wirtschaft

Der Fußball eines Landes wird multidimensional finanziert, zum Beispiel durch Ticketing, Merchandising, Werbung, Fernsehen usw., und Fußball ist ein Teil einer Volkswirtschaft. Die folgenden Grafiken zeigen, den Anteil des Fußballs an der Gesamtwirtschaft in Promille. Der Fußball wird durch den Wert aller Klubs der höchsten Spielklasse und durch den Wert der Nationalmannschaft dargestellt, die Wirtschaft durch das BIP. Die Relation wird in Promille angegeben.

Es gibt keinen allzu deutlichen Zusammenhang zwischen fußballerischem Erfolg und dem Anteil des Fußballs an der Wirtschaft. Dass der Anteil des Fußballs an der Gesamtwirtschaft in England sehr hoch ist, überrascht weniger. Interessant ist dagegen, dass dieser Anteil auf den Färöern und in Montenegro, Zypern und Portugal ähnlich hoch ist.

Ebenfalls überraschend ist der geringe Anteil an der Wirtschaft in Nordirland, Wales und Finnland.

Österreich liegt – wie so oft – im Mittelfeld und unter der Trendlinie, könnte also durchaus mehr in seinen Fußball investieren.

Gini-Index

Der Gini-Index ist eine Zahl, die zum Ausdruck bringt, wie gleichmäßig eine bestimmte Größe auf eine Bevölkerung verteilt ist. Ist der Gini-Index 1 (oder 100%) ist diese Größe im Besitz einer einzigen Person (eine Art König); ist der Gini-Index 0 (0%) besitzen alle Menschen gleich viel.

Wir untersuchen die Verteilung der Einkommen und der Vermögen und ob diese einen Einfluss auf den fußballerischen Erfolg haben.

Vorweg: die Einkommen sind fairer verteilt als dir Vermögen.

Gini-Index der Einkommen

Die Fragestellung ist, ob die Verteilung der Einkommen einen Einfluss auf den fußballerischen Erfolg hat.

Die durch den Gini-Index beschriebene Einkommensverteilung zeigt keinen Einfluss auf das Fußballgeschehen. Am ehesten könnte man schließen, dass mit zunehmender Ungleichverteilung der fußballerische Erfolg leicht zunimmt. Interessant ist auch die sehr ausgeglichene Einkommensverteilung bei unseren Nachbarn Tschechien und Slowakei und die Ungleichverteilung in Israel und Türkei. Das ist aber nur für dortigen Gesellschaften und für die gefühlte Lebensqualität von Bedeutung, nicht aber für den Fußball.

Österreich gehört eher zu den Ländern mit einer gleichmäßigen Verteilung der Einkommen.

Gini-Index der Vermögen

Die Fragestellung ist, ob die Verteilung der Vermögen einen Einfluss auf den fußballerischen Erfolg hat.

Einen sonderbaren Zusammenhang zeigt die Trendlinie der Vermögensverteilung: je ungleicher sich die Vermögen in einem Land verteilen, desto mehr Erfolg hat das Land im Fußball. Der Trend ist nicht sehr ausgeprägt aber immerhin.

Österreich gehört eher zu den Ländern mit einer ungleichmäßigen Verteilung der Vermögen.

HD-Index

Im „Index der menschlichen Entwicklung“ oder „Wohlstandsindikator“ (HDI, Human Development Index) werden mehrere Kennzahlen einer Gesellschaft zusammengefasst. Das sind das BIP pro Kopf, die Lebenserwartung, die Ausbildung und in einer Variante auch die Gleichverteilung des Einkommens. Eine einzige Zahl, die einen Staat charakterisiert.

Der Zusammenhang zwischen dem HDI und dem fußballerischen Erfolg ist nicht all zu ausgeprägt, ein leichter Trend ist zu erkennen. Höher entwickelte Länder spielen besseren Fußball.

Österreich gehört zu den am höchsten entwickelten Ländern, ist aber nicht in der Spitzengruppe Norwegen, Schweiz, Irland, Island, Schweden, Niederlande, Deutschland, Finnland dabei. Aber gleich danach kommt auf Platz 12 Österreich. Zum Vergleich: Österreich liegt im europäischen UEFA-Ranking auf Platz 10 und im weltweiten FIFA-Ranking für Nationalmannschaften auf Platz 15 (UEFA-Zone). Unsere Liga erreicht also etwas mehr Punkte als es dem HDI entspricht, das Nationalteam ist um einige Ränge schlechter.

Zusammenfassung

Diese Zusammenhänge zwischen einigen gesellschaftsrelevanten Kenngrößen und dem fußballerischen Erfolg sind eine Dokumentation der Behauptung, dass Fußball ein Abbildung der Gesellschaft in einem Spiel ist. Wer immer auch der Gegner am Platz ist, hinter ihm steht die ganze Eigenart eines anderen Landes.

Bei allen Statistiken gilt, dass sie uns viel über die Vergangenheit aber nichts über das jeweils nächste Spiel sagen. Kommt aber ein Gegner auf uns zu, können uns die Zahlen helfen, seine fußballerische Leistungsfähigkeit einzuschätzen.

Unser erster Gegner in der EM-Gruppe C wird Nordmazedonien sein und es ist bereits ein Schlüsselspiel, das gewonnen werden sollte, will man die Gruppenphase überstehen.

Österreich hat noch nicht allzu oft gegen Nordmazedonien gespielt. Zwei Siege, Gesamttorverhältnis 8:2. Die Spiele waren Bewerbspiele aus der letzten EM-Qualifikation. Mit diesen zwei Spielen ist statisch nicht viel auszusagen, weil im Fußball der Zufall eine sehr große Rolle spielt.

Mit seinem Sieg gegen Deutschland in der WM-Qualifikation hat aber die dortige Mannschaft aufhorchen lassen. Die letzten vier Spiele hat Nordmazedonien nicht verloren.

Österreich liegt im FIFA-Ranking auf Platz 23, Nordmazedonien auf Platz 62. Betrachtet man die Bevölkerungszahl, das BIP und den HDI ist Österreich klarer Favorit.

Was wir aber nicht unterschätzen sollten – und DJ Ötzi hat es bei seinem Interview mit Franco Foda angesprochen – unsere Spieler singen die Bundeshymne mit zu wenig Empathie und das könnte ein Zeichen sein, dass die Spieler (allesamt Legionäre) weniger Nationalstolz mitbringen als ein junges Land, dessen Bürger noch viel Aufbauarbeit vor sich haben und für die der Kampf für ihre Farben ein wichtiger Teil ihrer Identität ist.

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Titelbild aus Pixabay, ergänzt durch den Fußball.