Geld und Fußball II

Im Beitrag „Geld und Fußball“ wurde der Zusammenhang zwischen dem Wert einer Mannschaft und ihrem Punktekonto am Ende der Saison 2020/21 in allen Ligen rund um Österreich sowie England untersucht.

Das Ergebnis

  • Es gibt einen klaren Trend dafür, dass eine Mannschaft mit einem höheren Mannschaftswert auch mehr Punkte in der Meisterschaft holt.
  • Der Meister, also die Mannschaft mit der höchsten Punkteausbeute, ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch gleichzeitig die Mannschaft mit dem höchsten Mannschaftswert.

Natürlich gibt es Abweichungen, also Mannschaften mit geringerem Wert, die aber mehr Punkte machen, und Mannschaften mit einem höheren Wert, die weniger Punkte machen als es dem Trend entspricht. Aber generell gilt, dass die Punkteausbeute dem Mannschaftswert folgt.

Wenn also zum Beispiel Sturm Graz mit weniger Mitteln eine höhere Punktezahl erreicht, ist dieser Einzelfall kein Widerspruch zur statistischen Aussage. Dieser Einzelfall trägt lediglich dazu bei, dass der Trend „Mehr Geld, Mehr Punkte“ etwas abgeflacht ist.

Quellen: Der Mannschaftswert ist eine Größe, die über die Seite transfermarkt.at direkt abrufbar ist. Die Annahme, die in diesen Vergleichen getroffen wird, ist, dass die Spielerlöhne und das sonstige Vereinsbudget dem Marktwert der Mannschaft folgt.

Österreichische Bundesliga

Anmerkungen

Die Halbierung der Punkte führt zu einer Schwierigkeit beim Vergleich mit anderen Ligen. Daher wurde für die obige Darstellung der Anzahl der Punkte nach dem Grunddurchgang nicht halbiert und zu den Punkten der Meistergruppe und der Qualifikationsgruppe dazugezählt.

RB hat das 16-fache Budget von Ried oder Wattens. Daher kann eine lineare Skala diese Größenordnungsunterschiede nicht vernünftig abbilden. Die Skalierung der Wertachse ist daher logarithmisch. Die dort als Gerade dargestellte blau punktierte Trendlinie hat im linearen Maßstab einen exponentiellen Verlauf.

Der Mannschaftswert ändert sich mit jedem Abgang und Zugang und natürlich auch mit dem Erfolg der Mannschaft und der einzelnen Spieler. Die Daten wurden etwa Ende Juni erhoben. Damals hatte Rapid einen Mannschaftswert von 37,5 Millionen. Heute bei Meisterschaftsstart, rechnet transfermarkt.at mit 29,9 Millionen (Abgang von Demir).

Durch die extreme Dominanz von RB liegt der durchschnittliche Mannschaftswert bei 28 Millionen Euro. Rapid, LASK und Sturm sind daher „durchschnittliche“ Mannschaften. Der Wert der Mannschaft von RB ist fast so groß wie der der restlichen Liga zusammen.

Der Zufall ist der wichtigste Aspekt im Fußball. Das betrifft nicht nur die Gegebenheiten während eines Spiels, das betrifft auch die Transfers, die Erlöse usw. Und Corona verschärft die Situation noch weiter. Während die klassischen Fußballvereine eine dramatische Budgetreduktion durch den Totalausfall bei den Spieltagseinnahmen verzeichnen, muss sich RB um solche „Kleinigkeiten“ nicht sorgen, stammen doch seine Einnahmen aus dem Marketingbudget seines Eigentümers.

Durch die Zufälligkeiten einer Saison liegen die erzielten Punkte pro Spiel nicht auf einer simplen Geraden, sondern bilden eine Punktwolke mit einem deutlichen Trend. Wäre die Trendlinie horizontal, gäbe es keinen Zusammenhang zwischen Finanzkraft und sportlichem Erfolg. Doch die Trendlinie zeigt einen deutlichen Anstieg, den man interpretieren kann als: „Je mehr Kapital einem Verein zur Verfügung steht, desto größer ist – normalerweise – der sportliche Erfolg.“ Das heißt, der Wettbewerb spielt sich nicht nur am Rasen ab, die diversen Abteilungen eines Fußballvereins, vor allem auch der Sportdirektor stehen in direkter Konkurrenz und sind natürlich Teil des Wettbewerbs.

Es kann – wie die Grafik zeigt – durchaus eine Mannschaft mit weniger Kapital einen höheren Punkteschnitt erspielen und umgekehrt auch einmal eine Mannschaft mit mehr Finanzkraft einen geringeren Punkteschnitt aufweisen als es dem Trend der Liga entspricht. Das macht Fußball interessant, dass eben auch die vermeintlich Schwächeren es den Betuchten „zeigen“ können.

Achtung: je flacher die Trendlinie verläuft, desto geringer ist der Einfluss des investierten Geldes!

Betrachten wir die 12 Mannschaften der Bundesliga:

  • Über der Trendlinie (die finanziellen Verlierer, denn sie könnten mehr erreichen): Mehr Finanzeinsatz als es dem sportlichen Erwartungswert entspricht: St. Pölten, Admira, Austria, LASK und RB
  • Auf der Trendlinie, daher dem Trend folgend sind der WAC und Rapid
  • Unter der Trendlinie (die finanziellen Gewinner, denn sie erreichen mit weniger Finanzeinsatz mehr als es dem sportlichen Erwartungswert entspricht): Altach, Tirol, Ried, Hartberg und Sturm

Erstaunlich sind die finanziellen Möglichkeiten des LASK, der immerhin eine Mannschaft mit einem Wert wie die von Rapid finanzieren kann.

Was haben RB und St.Pölten gemeinsam?

Beide Mannschaften haben einen deutlich höheren Wert als man in der Bundesliga für die erreichte Punktezahl benötigt. RB müsste mit seinem Kapitaleinsatz 2,7 Punkte pro Spiel aufweisen (hat aber nur 2,4) und STP müsste auf 1,0 Punkte kommen (hat aber nur 0,6).

RB würde also auch mit dem halben Wert seiner Mannschaft noch immer an der Spitze stehen, doch würde RB dann eher ein Konkurrent des Rests der Liga sein. So, wie sich die finanzielle Leistungsfähigkeit heute darstellt, ist es den „Mitbewerbern auf den billigeren Rängen“ kaum möglich, den „Klassenprimus“ zu übertreffen.

Was kostet ein Punkt in der österreichischen Bundesliga?

Beispiel Rapid

Rapid hatte nach der Vorrunde (22 Spiele) 45 Punkte. Diese Punkte wurden halbiert, das ergab 22 Punkte. Nach der Meisterrunde (10 Spiele) hatte Rapid 36 Punkte, erspielte also in der Meisterrunde 14 Punkte.

Wir lassen die Punkteteilung beiseite, um die Anzahl der Punkte pro Spiel berechnen zu können und kommen auf 45 + 14 = 59 Punkte in 32 Spielen.

Der Mannschaftswert von Rapid ist 37 Millionen € (Stand Juni 2021). Daher kostet Rapid ein Punkt 37/59 = 630.000 €.

Andere Vereine

RB erspielte in der Vorrunde und in der Meistergruppe 77 Punkte mit einem Mannschaftswert von 146 Millionen Euro. Ein Punkt kostet RB daher 1,900.000 €.

Bei Hartberg kostet ein Punkt dagegen nur 220.000,- Euro.

Ligaschnitt

Im Schnitt aller Mannschaften kostet ein Punkt 540.000 €.

Bundesliga als Formel

Die Trendlinie folgt folgender Formel:

Geld = 2,3847 exp(1,4902*PPS) [Mio €]
PPS = ln (Geld/2,3847) / 1,4902 

Beispiel Rapid

Geht man von der erspielten Punktezahl 1,84 aus, ergibt sich daraus gemäß der Trendlinienformel der zugehörige Mannschaftswert.

Geld = 2,3847 exp(1,4902*1,84) = 37 Millionen €

Gibt man den Mannschaftswert 37 Millionen € vorm ergibt sich daraus gemäß der Trendlinienformel die zugehörige Punktezahl.

Punkte = ln (37/2,3847)/1,4902 = 1,83 Punkte pro Spiel

Mit dieser Formel kann man für jede Mannschaft berechnen, wie gut sie ihr Geld in Erfolg transformiert.

Die Position einer einzelnen Mannschaft in der Punktwolke wird durch den horizontalen (Punkte) und vertikalen Abstand (Wert) von der Trendline beschrieben.

Wert

Mit einem gegebenen Kapitaleinsatz darf man gemäß der Trendlinie eine bestimmte Punkteanzahl erwarten. Erreicht man mehr, wird diese Erwartung übertroffen wie bei Hartberg, Tirol, Sturm, Ried und Altach. Erreicht man weniger Punkte ist „der Grip“ schlecht wie bei Admira, Austria, LASK RB und St.Pölten. Rapid und der WAC liegen ziemlich genau im Trend. Der Prozentsatz gibt an, um wieviel die Erwartung über- oder unterschritten wird.

Wert Punkte
108%  34% Hartberg
 55%  25% Tirol
 51%  16% Sturm
 38%  20% Ried  
 13%   8% Altach
  0%   0% WAC
 -2%  -1% Rapid
-16% -14% Admira
-18% -10% Austria
-35% -19% LASK
-41% -15% RB
-50% -73% StP

Hartberg spielt, als wäre sein Mannschaftswert um 108% höher und erreicht um 34% mehr Punkte als man erwarten kann. St.Pölten spielte weit unter seinem Wert und ist daher der Absteiger.

Man könnte diese Reihung als eine auf die Finanz normierte Tabelle betrachten, wobei der Sieger jene Mannschaft ist, die mit der gegebenen finanziellen Ausstattung den relativ größten Erfolg hat, und das wäre Hartberg.

RB müsste mit seinem Mannschaftswert viel mehr Punkte holen (2,76) als es tatsächlich der Fall ist (2,4). In dieser Lesart „Welche ist die effektivste Mannschaft?“ liegt also der österreichische Meister am Ende des Feldes.

Links

Die Marktwerte in diesem Beitrag sind vom Juni 2021. Die aktuellen Marktwerte weichen von diesen Zahlen ab. Die Marktwerte der Mannschaften von RB, LASK und Rapid sinken durch Abgänge, die von Sturm legen zu.

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