Geld und Fußball III
Als Rückblick auf die vergangene Saison wurde in Geld und Fußball II gezeigt, wie sehr der sportliche Erfolg den finanziellen Möglichkeiten folgt. Zufallsbedingt gibt es natürlich Abweichungen von der Regel. Aber wie man die Dinge auch dreht, der österreichische Meister wird mit großer Wahrscheinlichkeit immer RB sein und das, wegen seiner vergleichsweise unerschöpflichen Möglichkeiten.
Kritik an der Kritik
Ich bekam eine nicht untypische Rückmeldung auf den Artikel Geld und Fußball II : „RB würde das Geld gut einsetzen, und die Spieler von RB würden immer bis zum Umfallen rennen.“ Wem diese Interpretation hilft, die Wettbewerbsverzerrung zu ertragen, der kann sie gerne anwenden. Hätte ich nicht in vielen Jahren bei Rapid tolle Menschen kennengelernt…, als neutraler Beobachter einer Sportart mit einer derartigen Ungleichheit der Chancen, würde ich dem Fußball der Spielart „Österreichische Bundesliga“ den Rücken kehren.
Hier wird der Frage nachgegangen, wie man wieder fairen Wettbewerb in der österreichischen Bundesliga herstellen kann, denn derzeit ist es nicht die Frage, ob RB Meister wird, sondern nur, mit wie vielen Punkten Abstand der Titel gewonnen wird.
Was ist dieses RB?
Um die Vereinskonstruktion von RB besser zu verstehen, vergleichen wir sie mit Rapid.
Sportklub Rapid (Verein) und SK Rapid GmbH
Der Verein SK Rapid, ZVR 843 293 761, wird vertreten durch Martin Bruckner (Präsident), Mag. Nikolaus Rosenauer (Vizepräsident), Mag. Philip Newald (Finanzreferent), Stefan Singer (Finanzreferent-Stv.) (Die letzte personelle Veränderung ist im Vereinsregister noch nicht eingetragen worden.). Die SK Rapid GmbH, (FN 56977 s) ist in 100%igem Eigentum des Vereins, Geschäftsführer Christoph Peschek, Zoran Barisic.
Rapid hat eine große Zahl von Sponsoren und Partnern, die im jährlich erscheinenden Rapid-Branchenbuch präsentiert werden. die wichtigsten Partner sind:
Die Geschäftszahlen werden in einem jährlichen Jahresbericht publiziert. Der jährliche Umsatz liegt in der Größenordnung von 30-40 Millionen, was ungefähr dem Wert der Mannschaften entspricht.
Red Bull Salzburg (Verein) und FC Red Bull Salzburg GmbH
Der Verein Red Bull Salzburg, ZVR 909 741 108, wird vertreten durch Harald Lürzer (Vorstandvorsitzender), Univ. Prof. Dr. Herbert Resch (Vorstandsmitglied), KR Franz Rauch (Vorstandsmitglied). Die FC Red Bull Salzburg GmbH (FN 452749 h) ist in 100%igem Eigentum des Vereins, Geschäftsführer ist Stephan Reiter.
Die wichtigsten Partner sind:
Wir kennen zwar die Geschäftszahlen nicht so genau wie die von Rapid, kennen aber den Mannschaftswert, und da diese Zahlen in etwa derselben Größenordnung liegen, können wir das Jahresbudget auf etwa 130 Millionen Euro schätzen. (Stand Juli 2021, transfermarkt.at)
Schon allein an der Nichtpräsenz des Vereinsvorstands von RB in der Öffentlichkeit und bei sportlich-kaufmännischen Entscheidungen kann man den Scheincharakter der Vereinskonstruktion bei RB erahnen.
Formal sind diese beiden Konstruktionen gleich, es gibt einen Verein, dem eine GmbH gehört, die den Sportbetrieb leitet und auf die Einnahmen schaut.
Doch bleibt im Falle der FC Red Bull Salzburg GmbH dem interessierten Betrachter verborgen, auf welchem Weg, dieses Budget zustande kommt. Man kann sich nicht vorstellen, dass die genannten Partner der FC Red Bull Salzburg GmbH für diese Summe verantwortlich zeichnen. Und weil das eben nicht klar deklariert ist, muss man annehmen, dass in dieser Partnerliste vergessen wurde, den Hauptgeldgeber, nämlich die Getränkefirma „Red Bull GmbH“ mit Sitz in Fuschl am See anzugeben. Ob nun diese wichtigste Finanzierungsquelle ein Sponsoring mit einer astronomischen Summe betreibt oder ob sie mit einer ähnlichen Summe die Verwendung des geschützten Namens „Red Bull“ im Vereinsnamen und dem Namen der GmbH sponsert – oder beides, bleibt uns verborgen, jedenfalls wird die GmbH mit Fremdgeld dotiert; mit Geld aus Gewinnen, die nicht im Zuge des Fußballgeschäfts erwirtschaftet wurde. Dieses Sponsoring beruht also nicht auf einem gegenseitigen Interesse, sondern entspringt allein dem Interesse der Red Bull GmbH das Prinzip „Geld spielt Fußball“ durch so hohe Finanzmittel anzuwenden, bis eben das Ziel, die Teilnahme an den europäischen Bewerben nicht mehr von einem mehr oder weniger unverlässlichen Wettbewerb und damit auch dem Zufall überlassen bleibt, sondern dieser Zufall durch eine extreme finanzielle Überlegenheit möglichst ausgeschaltet ist.
Fußball in Corona-Zeiten
Die Selektion von Spielern nach ihren fußballerischen Qualitäten erfordert eben einen Griff in die Geldbörse. Während die Mitbewerber wegen des coronabedingten Einnahmen-Entfalls durch die Stadionschließungen nur ablösefreie Spieler verpflichten können – bei Rapid sind es Jonas Auer, Kevin Wimmer und Marco Grüll, rüstet RB seine Mannschaft mit 35,15 Millionen auf – Philipp Köhn 0,4, Kamil Piatovski 5, Jérôme Onguéné 3,5, Bryn Okoh 1, Bernado 4, Gideon Mensah 2,5, Daouda Guindo 0,7, Kilian Ludewig 1,5, Darko Todorovic 0,7, Mamady Diambou 0,5, Symson Tijani 0,35, Nicolás Capaldo 5, Maurits Kjaergaard 3, Benjamin Sesko 5, Chukwubuike Adamu 2, also insgesamt 35,15 Millionen Euro, mehr als das Jahresbudget von Rapid in guten Jahren. Klar, Zuckerwasser wurde auch in den Corona-Zeiten getrunken, daher gibt’s bei RB keine Finanzierungsprobleme. (Einige der Neuzugänge kommen von Liefering, doch da man dort auch wieder nachkaufen muss, wird die Summe insgesamt etwa stimmen.)
Und Österreich?
Und wie viele Österreicher waren dabei? Richtig, keiner! Die österreichische Liga wird lediglich als willfähriges Vehikel benutzt, um noch mehr vom Zuckerwasser zu verkaufen. RB spielt Fußball, um die Gewinne in der Getränkebranche zu erhöhen. Für den dazu erforderlichen Erfolg wird mit praktisch unbegrenztem Einsatz jede Konkurrenz mit Leichtigkeit übertroffen und damit sogar der Zufall, der wichtigste Verbündete der Underdogs, übertölpelt.
Man fragt sich, welchen Nutzen der österreichische Fußball von der Teilnahm von RB eigentlich hat. Betrachten wir einmal die Spieler der U21-Nationalmannschaft für die EM-Qualifikation und ihre Stammvereine: 7 Rapid; 3 Austria; 2 Admira, Sturm; 1 Chelsea, Liefering, St. Gallen, Düsseldorf, Nice, Kapfenberg, LASK, RB, Ried, Tirol, Werder Bremen, Wolfsberg. Von 26 Spielern kommt einer von RB und einer von Liefering – aber 7 von Rapid.
Und in der Nationalmannschaft für die WM-Qualifikation ist es nicht unähnlich: 3 Hoffenheim, LASK; 2 Frankfurt, Mönchengladbach, Rapid, Wolfsburg; 1 Augsburg, Basel, Leverkusen, München, Freiburg, Leipzig, Lorient, Luzern, Mainz, RB, Schalke 04, Stuttgart, Union Berlin, Watford, Werder Bremen. Von 29 Spielern kommt einer von RB.
Der Grund ist offensichtlich; RB ist auf die Förderung über Fernsehgelder durch einen einzuhaltenden Österreicher-Anteil nicht angewiesen und verzichtet „großzügig“ darauf und kauft daher praktisch ausschließlich Legionäre und Österreicher nur, wenn es zufällig passt oder einen Gegner schwächt.
Gemessen an der Spielstärke müsste RB das Gros an Spielern für die Nationalmannschaften stellen, doch ist Nachwuchsarbeit nicht das Ziel von RB, sondern der Titelraub – solange es sich die Konkurrenten der Liga gefallen lassen.
Feindliche Übernahmen
Noch im Februar wurde spekuliert, dass RB den niederländischen Verein Alkmaar übernehmen könnte (heute), doch der dortige Verband hat erklärt, dass eine solche Übernahme nach ihren Regeln nicht möglich sei (transfermarkt).
Dieses Beispiel zeigt uns, dass man sehr wohl definieren kann, was ein Fußballverein sein darf und was nicht. Der niederländische Verband hatte zwar bei seiner Entscheidung den Vorteil, dass er den Einfluss von RB auf eine Meisterschaft am Beispiel von Österreich und Deutschland sehen konnte. Man hat also in den Niederlanden aus den Fehlern der anderen gelernt. Es ist uns aber unbenommen, auch selbst aus den eigenen Fehlern der Vergangenheit zu lernen, also die Entscheidung aus 2005, als man RB mit offenen Armen in der Bundesliga aufnahm, zu revidieren, weil sie dem österreichischen Fußball nicht guttut.
Die Teilnahme einer Mannschaft aus dem RB-Imperium in einer Liga erinnert an die früheren Staatsfußballer in kommunistischen Staaten, weil auch dort Fußball durch Dotierung mit Staatsgeld künstlich beliebig konkurrenzfähig gemacht wurde. Bei RB ist das ebenso, nur ist das Ziel nicht allein Prestige sondern Gewinn.
Unerlaubte Einnahmequellen
In den letzten Monaten wurde bekannt, dass ein Mitbewerber in der österreichischen Bundesliga gegen die Regelung des TPO (Third Party Ownership) verstoßen würde. Im Tagebuch wurde im Rahmen des Fanklubtreffens im Mai darüber berichtet. Damals berichtete NEWS über diese Art von Geschäften und im Mai wurden dann der Vizepräsident des LASK von der Bundesliga für einige Zeit suspendiert. Als juristischer Laie verstehe ich das so, dass man unerlaubte Einnahmen von außerhalb des üblichen Vereinsgeschäfts lukriert. Vereinfacht gesagt gibt es in den Satzungen eines Vereins klar definierte Einnahmenposten, andere Einnahmequellen sind dagegen nicht vorgesehen und wie im Beispiel des LASK ist die Beteiligung an Transfers mit Fremdspielern nicht zulässig. Die erlaubten Geldquellen sind (aus den Satzungen von Rapid): Mitgliedsbeiträge, Veranstaltungen, Sponsoren, Förderungen, Spenden, Kapitalgesellschaften, Fernsehgelder, Sonstiges. Unter „Sonstiges“ dürfte aber nicht Beliebiges verstanden werden, vielmehr gibt es an dieser Stelle Richtlinien der Bundesliga. Der Kurier berichtete in diesen Tagen über Ermittlungen der FIFA gegen den Präsidenten des LASK, und dort geht es eben um solche unerlaubte fremde Geldquellen.
Wenn diese Geldquellen aber im Sinne des fairen Wettbewerbs illegal sind, dann hilft uns nichts, wenn Funktionäre suspendiert werden, dann muss man diese Geldquellen abdrehen.
Weiters stellt sich die Frage, wie „legal“ in diesem Sinne die Schenkungen der Red Bull GmbH (Getränke) an die FC Red Bull Salzburg GmbH (Sport) zu bewerten sind. „Schenkungen“ deshalb, weil man in seriösem Sponsoring sehr gut feststellen kann, welchen Wert die Verwendung eines Namens oder die Werbung im Stadion haben kann. Und alles, was über diese ortsüblichen Preise auffällig hinausgeht, müsste im Rahmen der Lizenzvergabe der Bundesliga als unseriös abgelehnt werden können. So genau schaut man da aber nicht hin (wie man in den jahrelangen unerkannten unrealistischen Einnahmen des SV Mattersburg sehen kann).
Es wäre also relativ einfach, seriösen Wettbewerb in der österreichischen Bundesliga herzustellen, indem man bei der Lizenzvergabe Obergrenzen für seriöses Sponsoring festlegt. Wenn das mit den bestehenden Satzungen der Bundesliga nicht funktioniert, dann muss man eben die bestehende Bundesliga auflösen und eine neu mit geänderten Bedingungen gründen.
Lex RB
In vielen Sportarten kommt es vor, dass es Perioden gibt, in denen ein Einzelner oder eine einzelne Mannschaft unüberwindbar ist. Solche Situationen reduzieren das Interesse des Publikums an dieser Sportart und die Hüter der Regeln versuchen herauszufinden, was den Vorsprung des Dominators kleiner machen kann und passen dann das Regelwerk so an, dass die Chancen auf Erfolg für alle Mitbewerber wieder einigermaßen gleich sind.
Im Fußball sind der Schlüssel zum Erfolg das Geld und die Geldquellen. Ob der Einsatz von Fremdgeld, also Geld, das nicht durch den Betrieb eines Fußballvereins erwirtschaftet wird, sondern das anderswo verdient wird, ist eine wirtschaftlich-ethische Frage. Eine solche Quersubventionierung wird in anderen Bereichen als eine unerlaubte Markverzerrung verboten. Wenn eine Liga wie die österreichische eine solche Finanzierungsform zulässt, dann können wir die Folgen sehen und können uns überlegen, ob wir das weiterhin so haben wollen oder ob nicht besser wäre, die Betriebsbedingungen eines Fußballvereins genauer zu definieren.
Eine rein organisatorische Maßnahme hat die Liga im Rahmen der Ligareform ja schon beschlossen, nämlich die Punkteteilung am Ende des Grunddurchgangs. Damit eben die Übermacht von RB nicht gar so groß ist, wird im abschließenden Bewerb der Meistergruppe praktisch neu begonnen. Dass man die Punkte des Grunddurchgangs nicht überhaupt löscht und bei Null zu zählen beginnt, dürfte ein Kompromiss zugunsten von RB gewesen sein.
Lizenzvergabe
Aus den Fehlern der Vergangenheit lernend (siehe erkaufte Meistertitel von GAK, Sturm und Tirol) schaut die Bundesliga genau, ob die kommende Meisterschaft bei jedem Verein ausreichend ausfinanziert ist. Es geht also darum, ob genug Geld da ist und ob die Angaben nicht zu risikohaft sind.
Was man aber weniger im Auge hat – und vielleicht gibt es dafür für keine Regel – ist die Höhe der verschiedenen Budgetposten. Es zeigte sich schon beim Konkurs des SV Mattersburg, dass – wenn schon nicht die FMA, dann wenigstens die Prüfung der Lizenzvergabe – man übersehen hat zu prüfen, ob die Sponsorsummen der Mattersburger Lokalbank in dieser Höhe realistisch sind. Man hat sich dabei – vielleicht ähnlich wie die Prüfer der FMA – darauf verlassen, dass in den vergangenen Jahren ja auch alles geklappt hat.
Die Bundesliga hat direkte Einsicht in die Größenordnungen der Sponsorgelder. Ein Hauptsponsor wie etwa die Wien Energie bei Rapid muss bei der gegebenen Reichweite, einen ortsüblichen Preis für diese Werbung bezahlen. Bei weniger populären Vereinen wird dieser Betrag geringer sein; aber egal, Marketingfachleute wissen diese Größenordnungen zu bestimmen.
Und dann gibt es da einen Verein RB und eine GmbH wie RB (Sport), die in ihrem Budget vom Hauptsponsor RB (Getränke) Summen erhält, die in keiner Weite marktkonform sind. Das sind Schenkungen und damit praktisch ein verdeckter Besitz an einem formal gemeinnützig agierenden Verein. Denn ohne diese Dotierungen gibt es den Verein nicht, zumindest nicht in der heute üblichen Form. Dazu kommt, dass die Publikation der Sponsoren auf der RB-Homepage fehlerhaft ist, weil der Hauptsponsor und Quasi-Eigentümer RB (Getränke) in keine Weise genannt wird, will man doch dem Publikum einen ganz normalen Fußballverein vortäuschen, der mit dem Sponsoring der Rauch-Fruchtsäfte und Audi-Automarke ein mehr als 100-Millionen-Euro-Budget aufstellt.
Betroffenheit
Den kleinen Vereinen der Bundesliga und auch allen Vereinen der zweiten Liga ist das alles nicht ganz so wichtig, denn die finden sich eher in der Rolle überhaupt ein ausreichendes Budget auf die Beine zu stellen. (Beim gestrigen Spiel von Ried gegen die Austria konnte man sehen, welchen Aufwand ein solcher Verein betreiben muss. In vier Reihen, die sich um das ganze Kamera-Blickfeld ziehen, werben die Partner von Ried; zwei Reihen am Dach, zwei Reihen an der Bande, davon eines als LED-Werbeband.)
Nur die österreichischen Groß-Klubs haben Interesse daran, die Wettbewerbsungleichheit zu beenden, den dahinter folgenden Vereinen kann es egal sein, wer österreichischer Meister ist.
Aber weil die Bundesliga aus allen diesen kleinen und großen Vereinen zusammengesetzt ist, ist es schwierig, in einer solchen Frage einen Mehrheitsbeschluss zu bekommen. Diese kleineren Vereine brauchen ein klares Motiv, damit auch für sie ein solcher Auffassungsunterschied „Was genau darf ein Fußballverein und was nicht“ langfristig ein Vorteil ist. Ein solcher Vorteil wäre, dass auch ihre eigenen Chancen gleichermaßen steigen. Ein anderer könnte sein, dass die Großen den Kleinen mehr Fernsehgeld zugestehen, ebenfalls eine Maßnahme, die zu einer Verflachung des Trends „Mehr Geld, mehr Punkte“ und damit wieder zu mehr Chancen für die Kleineren führt.
Eine Liga ohne RB
Als Ergänzung zu der Grafik im Beitrag Geld und Fußball II wurde eine weitere Grafik erstellt, in der RB aus dem Wettbewerb entfernt wurde. Die Folgen:
- der Wert der Liga sinkt von 340 auf 194 Millionen Euro
- der durchschnittliche Mannschaftswert sinkt von 28 auf 18 Millionen Euro
- der Trend „mehr Geld mehr Punkte“ verflacht sich deutlich. Erinnern wir uns: je flacher die Trendlinie verläuft, desto weniger Einfluss hat das Budget
- der Wert der Nationalmannschaft verändert sich nicht, weil RB nur einen sehr kleinen Beitrag leistet, das FIFA-Ranking der Nationalmannschaft ändert sich nicht
- die österreichischen UEFA-Punkte nehmen ab, weil der bisherige Punktegewinn von RB wegfällt, aber nicht zur Gänze, weil ja ein andere Verein an diese Stelle tritt. Österreich fällt im UEFA-Ranking zurück.
- In Österreich herrschen dann etwa Verhältnisse wie in der Schweiz oder in Holland.
Ungleicher Kampf
Niemand würde auf die Idee kommen, in Kampfsportarten einen Weltergewichtler gegen einen Fliegengewichtler antreten zu lassen. Beide können Weltmeister werden, aber jeder nur in seiner Gewichtsklasse.
Beim Fußball ist das nicht unähnlich: Vereine ähnlicher „Gewichtsklasse“ finden sich in einer Liga mit einem einheitlichen Reglement wieder. Dieses Reglement hat mit den finanziellen Möglichkeiten der Vereine zu tun. Alle haben die Chance, Meister werden zu können, jeder aber in seine Liga (=“Gewichtsklasse“).
Wenn nun – wie in der Schweiz oder in Holland – alle Vereine in einer Spielklasse im Teich derselben Einnahmequellen fischen, sind die Bedingungen für alle gleich.
Wenn nun – wie in England – alle Vereine durch Fremdgeld quersubventioniert werden, und alle sind damit einverstanden, dann ist das auch einigermaßen fair. In England verfügen alle Vereine über den „Zaubertrank“ durch potente Eigentümer. Siehe auch Beitrag „Was bringen die Reichen?“
Wenn aber – wie in Österreich – ein Verein fremdfinanziert wird und die anderen diese Möglichkeit nicht haben (und das auch nicht dem hierorts üblichen Vereinsmodell entspricht), dann herrscht keine Waffengleichheit und der Wettbewerb ist extrem verzerrt. Es spielen Mannschaften verschiedener „Gewichtsklassen“ gegeneinander.
Der Mittelwert der Mannschaftswerte einer österreichischen Bundesliga-Mannschaft (mit Ausklammerung von RB) liegt bei 18 Millionen Euro. Die Mannschaft von RB hat den 8-fachen Wert dieses österreichischen Durchschnitts. RB hat den vierfachen Mannschaftswert der unmittelbaren finanziellen Verfolger Rapid und LASK – oder – nahezu soviel wie die gesamte restlichen Mannschaften zusammen.
Bereits im Beitrag „Geld und Fußball“ wurde gezeigt, dass im Vergleich europäischer Ligen RB den größten finanziellen Vorsprung gegenüber dem Rest der Liga hat. Eigentlich hätte man vermutet, dass es in England solche Unterschiede gibt, wo sich ein Öl-Milliardär des dortigen Meisters bemächtigt hat, doch in England ist der Vorsprung des Meisters auf das Mittel der restlichen Liga nur etwa 150%, weil auch alle anderen Vereine über einen Geldgeber verfügen, sodass sich wieder ein einigermaßen nachvollziehbarer sportlicher Wettbewerb ergibt. In Österreich ist dagegen dieser Unterschied der finanziellen Leistungsfähigkeit Meister zum Rest der Liga 650%.
Die Rolle von RB in Österreich
Kurz gefasst kann man sagen, dass RB den Zusammenhang zwischen Geld und Fußball ausnutzt, um sich den Meistertitel zu erkaufen. Damit man dabei auch den allgegenwärtigen Zufall überwindet, wird nicht nur mehr, sondern viel mehr Kapital eingesetzt, ein Vielfaches dessen, das im Fußballgeschäft verdient werden kann. Das dazu erforderliche Kapital stammt aber nicht aus dem Fußballgeschäft, sondern aus fremden Quellen. Und das ist eigentlich ein Umstand, der im Falle des LASK von der Bundesliga als unzulässig betrachtet wird.
Das Motiv von Red Bull ist es nicht, den Fußballfans einen Traum zu erfüllen, das Motiv ist allein, dem Getränkekonzern zu mehr Gewinn zu verhelfen.
„Football is for you and me, Not for fucking industry.“
Die Mannschaftswerte in England und der Wert der Mannschaft von RB können nicht mit den Mitteln eines klassischen Fußballvereins erwirtschaftet werden, weil die Einnahmen durch die Rahmenbedingungen – egal ob in England oder in Österreich – natürliche Obergrenzen haben. Die Mannschaft von RB ist daher quersubventioniert, ähnlich wie das etwa die Airlines der Golfstaaten sind.
Vereine, die sich im Besitz (oder im Quasi-Besitz) einer Person oder einer Institution befinden, verfügen über zusätzliche Gelder, die allen anderen Mitbewerbern nicht zur Verfügung stehen, weil das Konstrukt „Verein“ dann nur mehr am Papier besteht, und mehr oder weniger trickreich umgangen wird. Wenden nun alle Vereine einer Liga ein solches Eigentümerkonzept an, ist eine gewisse Waffengleichheit gegeben – wie in England. In Österreich ist das aber nicht der Fall, weil nur einer der Vereine, eben RB, Mittel von außerhalb des fußballerischen Einnahmenspektrums einsetzt.
Möglicherwiese war man damals, 2005, der Meinung, dass ein Verein, der sich aus dem Werbeteich der Fußballsponsoren heraushält, eine Bereicherung, weil der Werbekuchen für alle anderen verbleibt. Und in den Anfangsjahren hatten die Mitbewerber auch noch eine Chance. Doch im Laufe der Jahre wurde aus einem Fußballverein ein Fußballkonzern, der sich auf mehrere Länder erstreckt, eine Konstruktion, die mit Mitteln und Methoden arbeitet, die allen anderen Vereinen definitionsgemäß nicht zur Verfügung stehen.
Diese Ungleichheit der Mittel führte zu der ziemlich langweiligen Situation, dass man in Österreich nicht über den Meistertitel diskutiert, sondern nur über die Plätze dahinter. Wenn der Bundesliga Fairness im Wettbewerb am Herzen liegt, müsste man diese Konstellation verändern.
Was ein Fußballverein ist, muss in größerer Klarheit formuliert werden, Sponsoring kann nicht willkürliche Beträge einbringen, sondern muss mit ortsüblichen Werten eine Begrenzung erfahren.
Niemand würde auf die Idee kommen, Kampfsportler verschiedener Gewichtsklassen gegeneinander antreten zu lassen, und auch im Fußballsport war das ursprünglich so, denn die Einteilung in hierarchische angeordnete Ligen bildet so etwas wie „finanzielle Gewichtsklassen“ ab. Daher sind also Begegnungen des Oberhauses mit unterklassigen Vereinen im Rahmen der Vorbereitung oder im Rahmen des Cups meist eine klare Sache.
Während sich der holländische Verband gegen eine Übernahme eines Vereins durch RB erfolgreich zur Wehr gesetzt hat, kann RB hierzulande den Sportbetrieb nach Belieben zugrunde richten.
Literatur
Die finanzielle Überlegenheit von RB hat sogar Einzug in akademische Arbeiten gefunden, die sich fragen, ob nicht das Modell RB ein Vereinskonzept für die Zukunft wäre:
- Maximilian Gross, Erfolg durch finanzielle Überlegenheit – Das Vereinskonzept für die Zukunft? Eine Analyse anhand eines Beispiels des FC Red Bull Salzburg. Eine Bachelorarbeit aus 2014 an der Hochschule Mittweida (westlich von Dresden).
Titelbild
Das Titelbild soll symbolisieren, dass der österreichische Fußball durch Bullen in arge Bedrängnis geraten ist. Dabei wurde nicht das Logo von RB verwendet – damit könnte man Problem bekommen, sondern ein gemeinfreies Symbolbild für „Stier“.
Links
- Geld und Fußball (Tagebucheintrag, 2021)
- Geld und Fußball II (Tagebucheintrag, 2021)
- Geld und Fußball III (dieser Beitrag)
- FC RedBull Salzburg GmbH (Firmen ABC)
- SK Rapid GmbH (Firmen ABC)
- Was bringen die Reichen? (Tagebucheintrag, 2016)
- Vereinsregisterauszug (BMI)
- U21-Nationalmannschaft für die EM-Qualifikation (weltfussball.at)
- Nationalmannschaft für die WM-Qualifikation (weltfussball.at)
- Stars & Friends & Freunderlwirtschaft (NEWS, 23.5.2021)
- Ermittlungen der FIFA (Kurier, 25.7.2021)
- Österreich (.xlsx)
- Titelbild (.svg)
Nachtrag
Diskussionsbeitrag von Erich Hartmann@facebook
Lieber Franz, danke für die Mühe die du dir bei der Recherche der Artikelserie „Geld und Fußball“ gemacht hast. Inhaltlich gebe ich dir im großen und ganzen recht und ich bin prinzipiell deiner Meinung. Trotzdem möchte ich zwei Kritikpunkte anmerken:
1. nimmst du für die Berechnung des eingesetzten Kapitals bzw. des Budgets den Marktwert der Spieler her. Das ist aber nicht ganz richtig. Denn dieser gibt ja nur den hypothetisch zu erzielenden Transferertrag eines Spielers wider und hat nichts mit dem eingesetzten Kapital zu tun. So haben wir z. B. für Kara gerade mal 500.000,- bezahlt, er steht aber mit einem Wert von 3 Mio in der Budgetaufstellung. Umgekehrt haben wir seinerzeit 2,5 Mio für Mocinic bezahlt, der hatte aber letztendlich einen Marktwert von 0. Theoretisch könnte eine Verein eine Mannschaft von 100 Mio Marktwert haben, aber nahezu nichts dafür investiert haben, weil er z.B. eine so gute Nachwuchsarbeit hat. Andererseits kann eine Mannschaft einen rel. geringen Marktwert trotz Mio-Investitonen haben, weil sie lauter „Rohrkrepierer“ verpflichtet hat. (Tendenziell trifft das auf die Austria unter Stronach zu.) Wir müssten also tatsächliche Budgetzahlen haben, um einen Vergleich Ged zu Erfolg seriös erstellen zu können. (Da wir diese aber, wie du ja auch geschrieben hast, von RB nicht haben ist das natürlich schwer.)
2. Der zweite Kritikpunkt ist aber viel bedeutender: Dein Artikel kommt, 3 bis 4 Jahre zu spät. Die RB-Investitionsphase in Form von Quersubventionierungen durch den Getränkekonzern ist dort längst vorbei. Alleine in den letzten 3 Jahren haben die Dosen laut Transfermarkt.at ein Transferplus von insgesamt 150 Mio erzielt. Da rechnet sich der Betrieb und das Budget bereits von ganz alleine. Leider.
ad 1: Ja, das ist vollkommen richtig, doch stehen uns andere Zahlen als die Marktwerte nicht zur Verfügung, weil Rapid mit seinem jährlichen Geschäftsbericht die transparente Ausnahme ist. Vergleich 2019/20 Rapid: Umsatzerlöse 31.351.586,-, Marktwert ca. 37.000.000,-
ad 2: Wenn man einmal von seinem reichen Besitzer tolle Spieler als eine Art Startkapital geschenkt bekam, kann man sie leicht nach einem Wertzuwachs teuer verkaufen. Damit also RB Verein und GmbH in die Lage kommen solche Transfergeschäfte zu tätigen, musste der Eigentümer viele Jahre lang Lehrgeld zahlen und seine Unterstützung auf jenes Niveau heben, die jetzt den sportlichen Wettbewerb einseitig werden lässt (2005-2012, in dieser Zeit konnten die anderen Vereine noch mithalten, danach war es Schluss).
Das wichtigste scheint mir aber das Motiv zu sein, dass RB von allen anderen Vereinen unterscheidet: die Erfolge der diversen RB-Sportabteilungen habe nur ein Ziel, nämlich dem Spruch „RB verleiht Flügel“ zu bewahrheiten. Solange das mit einem Logo am Helm von Schispringern geschieht, ist das auch weiter kein Problem, Werbung eben, aber RB besitzt deshalb keinen Verein von Schifahrern.
Fußball verkauft seinen Anhängern Emotionen. Das ist das Ziel. RB spielt uns nur vor, dass das ein Ziel wäre. Tatsächlich ist bei RB der Zuschauer nur ein Störfaktor, wie in Blick auf die Anzahl der Mitglieder in Deutschland und Österreich zeigt.
Deutschland (Statista.de)
293.000 Bayern 154.000 Dortmund 111.559 Köln 93.150 Mönchengladbach 91.116 Frankfurt 71.500 Stuttgart 27.800 Hertha 36.990 Union Berlin 27.462 Leverkusen 25.000 Freiburg 21.500 Wolfsburg 19.070 Augsburg 13.200 Mainz 14.198 Bielefeld 13.000 Bochum 10.425 Hoffenheim 2.550 Greuter Fürth 750 Leipzig
Österreich
Die Informationen über die Gebarung der Vereine und über die Zahl der Mitglieder ist in Österreich weit weniger transparent als das in Deutschland der Fall ist. Soeben ist das Bundesliga-Journal für die laufende Saison eingelangt. In diesem Journal sind viele Bilder aber wenig Informationen über die Vereine, natürlich auch keine Mitgliederzahlen zu finden. Bei RB sind Mitglieder offenbar nicht erwünscht. Zwar gibt es Fanklubs aber eine Mitgliedschaft beim Verein RB ist laut dortiger Homepage nicht vorgesehen. Mitgliederzahlen findet man aber bei weltfussball.at -> Info.
10.000 Rapid 2.500 Sturm 800 RB 400 Hartberg 300 Admira keine Angabe Altach, Austria, Austria Klagenfurt, LASK, Ried, WAC, Wattens