Verrückt, verrückter, Fußballfan
Fußballreise 2011
Wer einmal aus dem Blechnapf frißt
Eigentlich ist Fußball ein billiges Vergnügen. Vorausgesetzt, man konsumiert es vor dem Fernseher im Rahmen des ORF-Programms. Ein Besuch eines Fußballplatzes ist nur dort als preiswert zu bezeichnen, wenn keine Kameras und keine VIPs anwesend sind und ein einsamer Polizist die Cornerfahne bewacht; in der Wiener Liga zum Beispiel.Aber bei allen Spielen, die die Massen vom Fernseher weg hin zu Stadion locken, steigen mit den Zuschauerzahlen auch die Preise. Sowohl jener der Eintrittskarten als auch jener der einfachen Gerichte, die man am Kiosk erwerben kann. Zu einem Preis für den man in einem Wirtshaus ein komplettes Mittagessen konsumieren könnte, bekommt man eine Bratwurst und ein Bier aus der Gegend. Da man in deutschen und österreichischen Stadien das Essen mit auf die Tribüne nehmen darf, gibt aus auch keine Tische und Stühle. Will man das nicht, bleibt nur ein Platz an einer Mülltonne.
Auch die Art der Reiseausrüstung erinnert eher an einen Tramper als an einen Urlauber. Einfach ein Rucksack, das war’s.
Es ist ein sonderbarer Gegensatz zwischen den teuren Eintrittskarten, den teuren Speisen und deren Einfachheit und auch der einfachen Art der Konsumation. Es erinnert ein bisschen an Bundesheer oder eben an den Roman von Fallada, „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“.
Man beachte das Shirt von Florian vom Blindenfußballverein St. Pauli mit der Aufschrift „blinde leidenschaft“. Der gleichnamige Fußballklub für Blinde hat in einem Bewerbspiel die Profimannschaft von St. Pauli 3:1 besiegt, natürlich wurde für Chnacengleichheit gesorgt, denn die Profis spielten mit Augenbinden. http://www.abendblatt.de/sport/article1288706/Mit-blinder-Leidenschaft-zur-Vizemeisterschaft.html
Ein Wochenende bei Freunden
Fußballfans sind ein lustiges Volk. Trotz allergrößter Unterschiede der Vereinsfarben ist doch das grundsätzliche Verhalten aller Couleurs ganz ähnlich. Wenn man als Österreicher nach Deutschland kommt, wird einem erst bewusst, wie herrlich künstlich doch diese Gegensätze geschaffen werden. Wer sich bei einem Spiel nicht als Protagonist einer der beiden Mannschaften einbringt, wird die Spiele alle ähnlich empfinden. Kaum fühlt man sich mit Blau oder Rot mehr verbunden als mit Grün oder Gelb, nimmt die Sache Fahrt auf und die Ungerechtigkeit des Spiels und des Lebens wird einem mit einem Mal bewusst.Unsere Spiele waren alle im Ruhrgebiet, einem Ballungsraum, der in dieser Größe einmalig in Europa ist. Gleichzeitig ist das Ruhrgebiet ein Fußball-El-Dorado, ähnlich wie jenes in den englischen Midlands zwischen Birmingham, Liverpool und Manchester. Das Ruhrgebiet hat den Verlust des Kohlebergbaus sehr gut verarbeitet. Gepflegte Häuser, beste Infrastruktur, Wohlstand, wohin man schaut. Wenn Fußball eine Heimat hat, dann ist es hier. Vielleicht auch in Hütteldorf, dort aber nur für eine Minderheit der Bevölkerung. Hier, im „Ruhrpott“ aber stehen die Städte Kopf, wenn der Derby Dortmund gegen Schalke am Spielplan steht. Das ist wie Rapid-Austria, nur vier Mal so viele Zuschauer. Es ist ein kollektiver Siegeswille nicht nur einer verrückten Minderheit sondern der gesamten Bevölkerung zu spüren. Es ist ein Wir-Gefühl, das einen hohen Identifikationswert für eine Stadt, eine Region und das ganze Land hat – wie mir scheint. Wenn dagegen in Österreich abschätzig von „den Fußballern“ gesprochen wird, fehlt diese Identifikation. Klar, wer will sich schon mit Loosern identifizieren. Aber das ist es ja gerade. Man muss sowohl die Niederlage als auch den Sieg kollektiv verarbeiten, erst dann findet diese Identifikation statt, die der Fußball zustande bringen kann.
Flugzeug, Bahn, Hotel
Unser erstes Spiel fand am Freitag Abend in Bochum statt. Zu Gast im Ruhrstadion war St. Pauli, bekannt für seinen fanatischen Anhang. Der Flieger nach Düsseldorf sollte um 14:15 starten, hatte 40 aber Minuten Verspätung. Der Flug selbst war dann ohne besondere Vorkommnisse. Interessant ist der Flughafen in Düsseldorf. Er befördert jährlich etwa gleich viele Passagiere wie in Wien. Es kommt mir aber vor, dass alle Flughäfen, auf denen ich bisher ausgestiegen bin, besser organisiert sind als der Wiener. So auch hier in Düsseldorf. Klare Strukturen. Innovativer „SkyTrain“ zum Bahnhof. Glücklicherweise begann unser Spiel erst um 20:30 und die Bahnverbindungen im Ruhrgebiet können sich sehen lassen. Die Fahrt von Düsseldorf nach Bochum war sehr kurzweilig, denn meine Sitznachbarin war sehr gesprächig und von der Art religiös-esoterisch-arbeitslos-trampend. Es stellte sich bald heraus, dass sie als Religionslehrerin keine Anstellung findet und dass es ihr Ziel ist, mit Lotte Ingrisch, der personifizierten Esoterik, Kontakt aufzunehmen, und eventuell in Österreich eine Arbeit zu finden. Wir spendierten ihr ein Abendessen und freuten uns über diese sonderbare Begegnung.Unser Hotel war direkt am Bochumer Bahnhof, ein IBIS. Erstaunlich war die Ruhe, denn vor dem Hotel war der Busbahnhof und hinter dem Hotel die Bahnsteige. Man hörte aber nichts von alledem.
Bochum – St. Pauli 1:2
Die Straßenbahnen wurden in vielen deutschen Städten in den Zentren zu U-Bahnen umgebaut, also fuhren wir mit der Straßenbahnlinie 308 unterirdisch ein paar Stationen zum Stadion. Die Rapid-Jacke von Florian wurde denn auch gleich von einem gesprächigen Fahrgast fachkundig richtig gedeutet „Kommt’s ihr aus Wien?“. Er selbst war ein seit vielen Jahren in Deutschland lebender Österreicher, der mit den aktuellen Problemen bei Rapid bestens vertraut war.
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Man trinkt hier Fiege Bier. Dieses Bier gibt es im Handel noch mit einem Verschluss, der an den früheren Obi-Flaschen oder beim Kracherl zu finden war. Hauptsponsor Netto unterhält das jüngere Publikum rund um das Stadion mit diversen Spielen.
In Bochum waren wir eigentlich unparteiisch. Wir verfolgen natürlich auch die Zweite Deutsche Liga aber für eine Parteinahme haben wir zu den Mannschaften zu wenig Nähe. Dennoch ergreifen wir Partei für die Heimmannschaft, immerhin sind wir ihre Gäste. Außerdem spielten die Österreicher Ümit Korkmaz und Christian Fuchs bei Bochum. Die Mannschaft hat daher ein leicht österreichisch-nostalgisches Flair.
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Während des Spiels gab es einen heftigen Gewitterregen. Der Sieg von St. Pauli war die erste Niederlage aber bis zum heutigen Tag kamen noch drei dazu. Ob Bochum denselben Weg wie zwei Jahre vorher auch Bielefeld gehen muss? Noch ist ja Zeit für Korrekturen.
Sehr angenehm war der Nachhauseweg. Statt einer überfüllten U-Bahn wählten wir – wie übrigens die meisten Besucher – den Fußweg zurück in die Stadt. Die vierspurige Straße war für diesen Zweck völlig abgesperrt. Es gab keinerlei Zwischenfälle, St.Pauli- und Bochum-Anhänger bunt gemischt.
Unser Spiel des Jahres Auf Schalke; Schalke04-Köln 5:1
Für Schalke war es eines von noch möglicherweise vielen tollen Spielen, denn immerhin hat man mit einem bravourösen Heimsieg gegen Helsinki die Gruppenphase der Euro-League erreicht. Für uns jedenfalls war es aber das Spiel des Jahres, vielleicht auch des Jahrzehnts, denn wir waren zu Gast „Auf Schalke“ – so nennt man sonderbarerweise diese Kathedrale des Fußballs im Ruhrgebiet für ca. 65.000 Zuschauer. Nur das Dortmunder Stadion ist noch größer und bietet 80.000 Zuschauern Platz. Schalke ist eigentlich ein Stadtteil von Gelsenkirchen und von Bochum mit der Straßenbahn zu erreichen. Und „Auf Schalke“ darf das Stadion auch nicht mehr heißen, denn der Stadionbetrieb kostet viel Geld und Sponsoren werden immer gesucht. Hier ist der Namensgeber ein lokaler Bierbrauer; man nennt den Ort jetzt „Veltins-Arena“. Und Veltins hat sich etwas ganz besonderes einfallen lassen: Die Bierzapfsäulen im ganzen Stadion sind nicht mit einem Fass unter der Theke sondern mit einer Pipeline direkt mit der Brauerei verbunden.
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Dass eine Fußballveranstaltung stattfindet, sieht man an allen Ecken und Enden. An den Fanartikel-Verkäufern, am Bierkonsum, am Polizeiaufgebot. Die ganze Innenstadt steht im Zeichen der Fans. Der blau-weißen (richtig heißt es „Königsblau“) und der roten Kölner Fans, mit dem typischen Ziegenbock.
Für uns ist es nicht ein Spiel wie andere, denn wir haben keine Karten im regulären Kartenverkauf bekommen. Schon Wochen vor dem Spiel waren alle Karten restlos an die Mitglieder verkauft worden. Dieses Vorkaufsrecht treibt die Mitgliederzahlen in die Höhe. An unserem Spieltag wurde das 100.000ste Mitglied begrüßt. Uns blieb keine andere Wahl als Hospitality-Karten zu erwerben. Das sind Eintrittskarten mit Bewirtung, Kaffee in der Pause und Imbiss nach dem Spiel.
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Die Ehrenrunde um das Stadion darf nicht fehlen. Diese ganz andere Dimension wird im Vergleich zum Spiel des Vortags klar, denn dieser Spaziergang dauert fast eine ganze Stunde, wenn man sich alles ganz genau anschaut. Es gibt insgesamt vier Eingänge. In jeder Stadionecke ist ein Tunnel für LKWs. Ist man im Stadion, kann man sich frei bewegen. Das ist praktisch in ganz Deutschland Standard. Rund um das Stadion gibt es riesige Parkflächen, die aber in den ausgedehnten Parkanlagen nicht besonders auffallen. Außer vielleicht der Parkplatz P4, der mit sonderbaren Gummimatten ausgestattet ist. Auf diesen Matten bewegt sich der Stadion-Rasen, wenn er dann nach dem Spiel in mehrstündiger Fahrt vom relativ dunklen Inneren des Stadions Frischluft schnuppern darf. Man sagt, dass eine einzige dieser Fahrten rund 10.000 Euro kostet.
Das Schalke-Museum
Wir dürfen mit unseren VIP-Karten das Stadiongelände früher betreten, bekommen aber noch keinen Einlass zu unseren Plätzen; eine gute Gelegenheit, das Schalke-Museum zu besichtigen.Das Museum hat es in sich. Das Prunkstück ist die Vikoria, eine schwarze Engelsfigur auf einem Podest. Ursprünglich war die Viktoria ein Wanderpokal, den der jeweilige Deutsche Meister im Meisterjahr aufbewahren durfte, ähnlich wie der bei uns übliche Meisterteller. Am Sockel der Viktoria sind alle Deutschen Meister bis 1944 auf kleinen Täfelchen befestigt. Ganz prominent findet man dort auch Rapid unten an der Vorderfront. Immerhin ist Rapid der einzige Deutsche Meister, der sich nicht mehr auf deutschem Boden befindet.
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Diese Statue ging nach dem Weltkrieg verloren und tauchte erst wieder nach der Wende 1990 auf. In all diesen Jahren wurde sie von einem Fußballfan in Berlin aufbewahrt. Sie ist heute im Besitz des DFB und der jeweilige Meister erhält diese Statue alljählich symbolisch überreicht.
Eigentlich müsste die Statue Auf Schalke eine Nachbildung sein, obwohl am Begleittext steht, dass Schalke die Statue für die meisten Meistertitel bekommen hat. Die Statue ist nämlich praktisch völlig frei von Gebrauchsspuren.
Aber auch sonst hat das Museum einiges an Fußball-Nostalgie zu bieten. Mehr Zeit müsste man haben, all diese Dinge im Detail zu lesen.
Leeres Stadion vom Museum betrachtet |
Im VIP Club
Im so genannten „Tibulsky“ gab es keinen Platz mehr für uns, dafür aber in der „Club Lounge“. Das „Tibulsky“ ist nach dem berühmtesten Schalke-Spieler der 30er und 40er Jahre bekannt. Er war ein Rekordspieler mit über 1000 Spielen für Schalke. Und er war bei allen Finalspielen dabei, die Schalke in der Deutschen Meisterschaft bestritten hat. So etwas wie „Bimbo-Binder“ für Rapid. Wenn daher Rapid ein solches Zuhause wie Schalke hätte, dann wohl auch einen „Bimbo-Binder“-Club.
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Alle KellnerInnen des VIP-Clubs hatten einheitliche Kleidung, die an die Bergleute des Ruhrgebiets erinnern sollte. Unser Kellner war besonders freundlich und war sehr bemüht, unsere Biergläser immer wieder mit Veltins-Bier aufzufüllen.
Dass wir Anfänger in der VIP-Szene waren, erkannte man daran, dass wir darauf warteten, bedient zu werden. Als Entschuldigung mag gelten, dass in unserer Lounge kein Buffet aufgebaut war. Nach einiger Zeit haben wir das schließlich kapiert und sind sind mit den Tellern zu den benachbarten Buffets gepilgert und haben uns mit dem Nötigsten versorgt. Aber da das Essen nicht der eigentliche Grund unseres Besuchs war, suchten wir ziemlich bald unsere Plätze, um die Mannschaften beim Aufwärmen zu sehen und die Stadionatmosphäre zu genießen.
Stadion von unseren Sitzen, eine Stunde vor Beginn |
So ein kompaktes 60.000er-Stadion ist ein gewaltiger Eindruck. Das Dach kann geschlossen werden und wurde auch geschlossen. Genau über dem Mittelkreis sind 4 Vidi-Walls in Quaderform aufgehängt. Alles in blauer Farbe. Der Fanblock von Schalke ist schon eine Stunde vor Beginn voll. Klar, es handelt sich um nicht-nummerierte Stehplätze und wer zuerst kommt, sieht besser.
Die Mannschaftsaufstellung des Gegners kann man mithören, denn sie wird nicht durch Pfiffe des Publikums gestört.
Sehr eindrucksvolles Opening. Hymne wird gesungen, begleitet von der in Deutschland obligatorischen Fahnenparade. Die Fahnenträger sind aber nicht – wie sonst üblich – bei den Mannschaften am Feld sondern beim Tor in der Nähe des Schalke-Fanblocks.
Stadion von unseren Sitzen, Spielbeginn |
Die erste Halbzeit ist ausgeglichen, den Kölnern gelingt das erste Tor durch Podolsky nach einem Konter. Schalke kann vor der Pause durch Huntelaar ausgleichen. Es war ein Elfer nach einem Handspiel. (Dass man nach einem so offensichtlich angeschossenen Hands einen Elfer pfeifen kann, ist eine der Unwägbarkeiten des Fußballs.)
Man könnte als „gezeichneter“ VIP-Gast in der Pause zu einem Kaffee gehen. Das erschien uns aber ein bisschen unangebracht. Da sitzt man einer der berühmtesten Kathedralen des Fußballs und verlässt sie wegen eines Kaffees. Nein, das muss man wirklich auskosten. Zur „Kennzeichnung“: Beim Betreten des VIP-Bereichs bekommt man ein Farbband über dem Handgelenk befestigt. Es dauert übrigens fast die ganze Fahrt zum Hotel, um eines dieser Bänder mit Hilfe eines Kronenkorkens loszuwerden. Hightech!
Was man von einem so ausgeglichenen Spiel nach der Pause erwarten darf, weiß man nicht. Und alle Fachleute, die erzählen, sie wüssten es, sind Lügner. Wir sahen jedenfalls eine entfesselte Schalke-Mannschaft, allen voran Huntelaar. Wir sahen ein Traumtor von Raúl, einen Heber im Panenka-Stil.
Nach jedem Tor kommt das auch bei Schalke übliche Ritual wie „Schalke“ – „zwei“, „Köln“ – „Null“ allerdings bereichert um das Element „Schalke“ – „Null Vier“ und um ein abschließendes „Glück“ – „Auf“, das an die Bergwerkstradition der Stadt erinnert. Wer sich an kirchliche Zeremonien erinnert fühlt, liegt wohl nicht ganz falsch. Der feine Unterschied liegt in der großen Zahl verschiedener „Kirchen“. Fast scheinen Fußballklubs wie Karrikaturen von Religionsgemeinschaften zu sein, ihre Stadien die Kathedralen und die Spiele die wöchentliche Messe. Der Unterschied liegt aber im Ausgang der Messen. Die Religion bietet immer nur einen einzigen Handlungsfaden. Das Fußballspiel bietet von der höchsten Euphorie bis zu größten Verzweiflung alle Arten irdischer Schicksalsschläge, allen voran die Ungerechtigkeit, die List und Hinterlist. Was das tägliche Leben an Gefühlen unterdrückt, weil man das mit Rücksicht auf die anderen nicht tut, nicht sagt, alles das ist am Fußballplatz denkbar, sagbar und machbar. Im letzteren Fall dann eher als unerwünschter Platzsturm. Fußball ist Leben, das nicht durch Rücksicht auf andere verzerrt ist.
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Schließlich endete das Spiel mit 5:1 für Schalke, ein Ergebnis, das man nach der Pause kaum vorausgesagt hätte. Einer hat es aber doch vorausgesagt und bekam dafür einen Preis vom Stadionsprecher.
Das Spiel hatte auch Nachspiele:
- ein weniger rühmliches aus der Ecke der Kölner Fans, das wir aber erst am folgenden Tag über die Pressemeldungen erfahren haben. Die Kölner Fans haben sich als schlechte Verlierer entpuppt und begossen die benachbarten Schalke-Fans mit Bierbechern, gefüllt mit menschlichen Ausscheidungen aller Art.
- ein sehr schönes auf der Seite der Sieger. Die gesamte Schalke-Mannschaft saß am Spielfeld mit Blick in den weiterhin vollen Fansektor. Huntelaar war als einziger Spieler auf dem Podest der Vorsänger und es gab ausgiebige gegenseitige Ovationen.
- und unser eigenes kulinarisches Nachspiel im VIP-Club. Kaffee und Kuchen waren angesagt. Danach gab es ein Interview mit einem Spieler.
Doch alles hat leider auch ein Ende und unseres war in der Straßenbahn 302, die uns zurück nach Bochum in unser Hotel brachte. Wir deckten uns noch mit dem obligaten Fiege-Pils als Schlaftrunk ein.
Leverkusen-Bremen 1:0
Gleich vorweg: das Tor haben wir nicht gesehen, denn wir mussten etwa in der 60.Spieleminute das Stadion verlassen, um den Zug nach Köln zu erreichen, der uns zum Anschlusszug nach Wien brachte.Aber vom Beginn: Wir verließen mit Gepäck und nach ausgiebigem Frühstück unser Hotel und ich lernte von Marcel die Tarifstruktur der Deutschen Bahn besser kennen. Um 39 Euro erwarben wir für uns alle drei ein Wochenendticket, das uns für alle Fahrten an diesem Tag mit Regionalzügen ermächtigte. Als die Fahrten von Bochum nach Köln, von Köln nach Leverkusen und von Leverkusen nach Köln. Sehr praktisch. Weniger praktisch ist, dass die österreichischen Bankomatkarten in den deutschen Automaten nicht funktionieren. Bargeld ist daher wichtig.
Warum nach Köln und warum nicht direkt nach Leverkusen?
Der Grund war der Rucksack. Denn es ist praktisch nicht möglich, mit den ganzen Reise-Utensilien in das Stadion zu gelangen. Man müsste es jedenfalls am Eingang abgeben. Daher haben wir uns entschlossen, das Gepäck zuerst am Kölner Hauptbahnhof zu deponieren und dann unbeschwert um Match zu fahren. Diese Gepäckaufgabe ist am Kölner Bahnhof ein Abenteuer für sich. Es gibt keine Schließfächer sondern Aufgabeautomaten, in denen eine Blechkiste das Gepäck aufnimmt. Auf Knopfdruck schließt sich die Tür zur Blechkiste und das Gepäck verschwindet in den Eingeweiden des Bahnhofsgebäudes. Es ist dann immer wieder eine Überraschung, wenn der Automat wirklich das richtige Gepäckstück wiederfindet. Der Kölner Bahnhof ist (wie übrigens alle größeren deutschen Bahnhöfe) eine Stadt in der Stadt. Auch am Sonntag ist Einkauf möglich. Die kulinarische Versorgung ist gesichert.
Kölner Fixpunkte
Da ist zuerst einmal der Dom. Immer wieder sehenswert. In diesem Jahr habe ich eine Kerze angezündet. Den Grund weiß ich selbst nicht so ganz genau. Es ist ein Dank an „Unbekannt“. Notwendig ist der Dank nicht unbedingt, denn das Schicksal beschert uns mit einer unerbittlichen Gerechtigkeit Gutes und weniger Gutes in ziemlicher Ausgewogenheit. Aber 2000 Jahre Christenheit hinterlassen ihre Spuren, auch bei den Ungläubigen.
Dann gibt es das berühmte Haus 4711. Immer wieder gibt es dort eine Kleinigkeit, die man den Daheimgebliebenen mitnehmen kann. Heuer waren es ein Duschbad, eine Hautcreme, ein Schirm und ein lustiger Flaschenöffner.
Auch ein Besuch in der Brauerei Früh sollte im Programm enthalten sein, schon allein um sich über die homöopathische Bierdosis von 0,2 Liter zu belustigen; das gibt es nur in Köln. In diesem Jahr hatten wir nicht so viel Zeit und daher konsumierten wir unser Kölsch am Bahnhof, unterstützt durch eine lokale Variante des Jägermeisters, genannt „Kabanes“, serviert von einer netten Hamburgerin am Bahnhof.
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Die Fahrt nach Leverkusen war kurz; zwei Stationen mit der Bahn. Von der Stadt sieht man nichts, lediglich das Bayer-Werk kann man entlang der Bahnstrecke erkennen. Ansonsten liegt das Stadion inmitten eines ausgedehnten Parks und kann von der Bahnstation in etwa 20 Minuten Fußweg erreicht werden.
Natürlich war in unserer Planung ein kleiner Fehler. Columbo-Fans haben diesen längst erkannt: die Mitbringsel, die wir in Köln gekauft hatten, die störten jetzt beim Eingang ins Stadion, denn sie eigneten sich perfekt als Wurfgeschoße. Nachdem wir aber den Security-Leuten unsere pazifistische Einstellung glaubhaft dargelegt hatten, durften wir alles mitnehmen.
Für Bier-Freunde: hier, in Leverkusen wird entweder Bitburger Pils oder Gaffel-Kölsch ausgeschenkt. Leider war der Fanshop so belagert, dass wir uns kein Andenken an dieses Spiel mitnehmen konnten. Um so eindrucksvoller war das Stadion. Wer hätte das gedacht, dass man das Schalke-Stadion noch übertreffen könnte. Natürlich nicht in der Größe aber die Stimmung während des Openings war ebenfalls sehr gut.
BayArena |
Die Bay-Arena von Leverkusen wäre das, was man sich bei Rapid wünschen sollte. Ein Schmuckkästchen, das durch das lichtdurchlässige Dach ungemein freundlich, leicht und luftig wirkt. Diese Wirkung übertrifft die von Schalke obwohl sie nur halb so viele Zuschauer fasst.
BayArena Glasdach |
Die Leverkusener Fans waren nicht so früh am Platz wie ihre Schalker Kollegen aber ein halbe Stunde vor Beginn war dann doch auch deren Fansektor voll.
Sehr schön, das muss man hier anmerken war das gemeinsame Singen der Hymnen beider Mannschaften. Das haben wir noch nie gehört, dass in einem Stadion tatsächlich die Hymnen beider Clubs gesungen werden. Keine Pfiffe. Alle singen mit. Hinter uns ein Pärchen: er Leverkusen-Schal, sie Bremen-Schal. Vor uns zwei Bremen-Fans mit Arnautovic-Trikots.
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Ein tolles Spiel mit Vorteilen für Leverkusen. In der 60. Minute müssen wir zum Zug. Durch das Dach bleibt der Schall im Stadion und man hat nach nach wenigen Schritten nur mehr einen entfernten Eindruck von der Lautstärke innerhalb.
Unser Zug nach Wien war ein Liegewagen. Abfahrt 20:05, Ankunft 9:15. Die Waggons sind etwas einfacher. Das ist aber nicht immer so, denn wir sind diese Strecke auch schon mit einem EuroNight gefahren, der alle Stückeln spielt. Wahrscheinlich wird dieser größere Zug erst nach der Ferienzeit eingesetzt, wenn die Geschäftsreisenden unterwegs sind. Wir hatten am Frankfurt einen weiteren Fahrgast, einen 17-jährigen Tennis-Profi im Abteil. Eine sehr nette Begegnung. Er fuhr von einem Turnier nach Hause, hat seine Spiele alle gewonnen und bereitete sich auf eine weitere Fahrt in der nächsten Woche vor. Mir ist aufgefallen, dass er, der Sportler, beim Frühstück keine Butter und auch keine Marmelade gegessen hat und wir, die wir eigentlich keine körperlich anstrengenden Tätigkeiten ausführen als eben Fußballschauen, wir haben natürlich alles aufgegessen. Von irgendwo muss das Übergewicht ja kommen.
Wer bis hierher durchgehalten hat, kann die Daten zu unserer Fahrt nachlesen.