20 Jahre mit Rapid

Ich nehme mir die Zeit, unsere bisherige Zeit mit Rapid Revue passieren zu lassen und blicke zurück auf eine allmähliche Annäherung und viele mehr oder weniger erfolgreiche Versuche, etwas zu der Idee „Rapid“ beizutragen.

In dieser Zeit besuchten wir, Florian und Franz, ca. 700 Rapid-Veranstaltungen, 900 Spiele von Rapid I und 200 Spiele von Rapid II, wir wurden zu Mitgliedern, Abonnenten, Lebenslangen und Investoren, kurz: wir beteiligten uns, wo immer das möglich war.


Alfred Körner sagt im Leitbild-Video: „Als Rapidler werden wir geboren, und als Rapidler sterben wir“.

Hätte mich jemand in den 1990er-Jahren gefragt, was ich vom Fußball halte, hätte ich mit einem jener abwertenden Vorurteile geantwortet, das Außenstehende gerne bei einer solchen Frage von sich geben. Doch hat sich meine Einstellung in diesen Jahren entscheidend verändert.


begleiten

Rapid vom Hörensagen

Schon in meiner Kindheit gab es in der Familie das Thema „Rapid“, weil meine Tante eine Schulkollegin vor Walter Zeman war und als Vorturnerin beim Tschechischen Sportverein Sokol („Falke“) auch eine enge Beziehung zum Sport hatte und sie aus diesem Grund immer wieder die Pfarrwiese besucht hat. Ich war bei diesen Unternehmungen leider nie dabei, etwas, was mich im Nachhinein ein bisschen schmerzt, denn es hätte ja sein können, dass ich auch damals schon Interesse für Fußball gehabt haben könnte. Erinnerungen an meine Tante gibt es im Artikel „Letzte Worte“.

Drei Generationen im Hanappi-Stadion. Franz, Milada, Florian

So blieb in meiner Jugend nur die rein akademische Auseinandersetzung in der eigenen Schulklasse, in der sich Gruppen von Anhängern von Rapid, Austria, Sportklub und Vienna bildeten und an Montagen der Erfolg oder Misserfolg der Spiele vom Wochenende diskutiert wurde.

Eine Kindheit ohne Rapid

Es war die ausklingende Zeit eines Benjamin Blümchen und Tom Turbo, die unseren Sohn Florian intensiv beschäftigten. Reptilien hatten es ihm angetan. Egal ob ausgestorbene Saurier, Schlangen oder Echsen, diese so anders gestalteten Lebewesen machten uns zu regelmäßigen Besuchern von Reptilienzoos. Wir waren oft mehrmals im Monat im Haus des Meeres und im Sommer an Regentagen im Reptilienzoo Happ am Wörthersee.

Allmählich wandelte sich Florians Interesse in Richtung Formel 1 im Sommer und Schispringen im Winter. Wir besuchten Spielberg und Hungaroring, Oberstdorf, Garmisch, Innsbruck, Bischofshofen, Planica, Titisee und sogar den Holmenkollen in Oslo.

Aber alle diese Interessen wurden abgelöst von einer Begeisterung für Fußball. Es war die Zeit der großen Erfolge von Sturm Graz und wir, die fußballunkundigen Eltern, standen vor der Frage, wie wir dieses enorme Interesse unterstützen konnten. Das Jahr 2000 stand bei uns voll im Zeichen des Fußballs. Wir besuchten alle Stadien der Bundesliga, der Urlaub wurde so geplant, dass auch ein Bundesligaspiel besucht werden konnte. Nur das Hanappi-Stadion war damals als einziges noch nicht auf unserer Besucherliste.

Violette Erinnerungen

Besonders oft waren wir am Verteilerkreis, weil wir als Favoritner das Stadion zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen konnten.

Insgeheim hat mich die violette Farbe fasziniert, weil – wie es der Zufall so will – „fiala“ im Tschechischen so viel wie „violett“ bedeutet. Die erste Farbe einer Homepage über meine Zeitung, die PCNEWS war deshalb auch violett. (Heute ist sie grau. Details zum Namen „Fiala“).

Schließlich muss man wissen, dass das Horr-Stadion früher den Wiener Tschechen, genauer der sozialistischen Fraktion České Srdce („Tschechisches Herz“) gehört hat. Ich erlebte dort als 14jähriger ein Schauturnen des Sokol, an dem sich auch meine Mutter und meine Tante beteiligt haben.

Gemeinsames Schauturnen internationaler SOKOL-Vereine am Gelände des späteren Horr-Stadions 1956
Meine Familie auf der alten Tribüne des Horr-Platzes, 1962

Es gab daher eine gewisse Verbundenheit mit dem Stadion zwischen Laaerberg und Wienerberg.

Wir erlebten am Verteilerkreis den Aufstand des Anhangs gegen Frank Stronach und besuchten auch ein Derby. Aber so etwas wie Anhängerschaft zum Verein erlebten wir nicht, es ging allein um Fußball. Es war uns damals egal, wer als Sieger vom Platz ging.

Ein erstes Mal „Rapid“

2001 erwarb Silvia wegen einer Augenerkrankung Sally, einen ausgebildeten Blindenführhund, einen Labrador. Nach einigen Trainings in der Wohnumgebung starteten wir einen ersten Ausflug und wählten das Große Schutzhaus im Rosental als Ziel, mit der Absicht, danach nach Hütteldorf zu wandern. Silvia sollte mit Hundebegleitung nach Hause fahren, Florian und ich wollten unser erstes Spiel im Hanappi-Stadion erleben.

Es war nicht sehr gescheit, einen Blinden von Hütteldorf nach Favoriten zu schicken. Der Hund führt zwar den Blinden an Hindernissen vorbei, doch die Wegesuche erfordert die Ortskenntnis seitens des Blinden. Allein das Umsteigen von der U4 in die U1 in der komplexen Haltestelle am Karlsplatz ist eine große Herausforderung. Wie die beiden das schließlich geschafft haben, wissen wir nicht so genau, jedenfalls ist alles gut gegangen.

Dieser erste Tag in Hütteldorf, der 28.4.2001 (Rapid gewann 6:0 gegen den LASK, die Ränge waren leer. Bilder), war prägend für unser weiteres Verständnis von Fußball. Der Grund war eine einzelne Person, es war Andy Marek, den wir damals zwar nicht kannten, dessen Charisma aber ausschlaggebend für Florians Entscheidung war, ab sofort nur mehr Spiele von Rapid besuchen zu wollen. Ab diesem Tag war für uns Fußball identisch mit Rapid, wir waren Rapidler.

20 Jahre später

Etwa 20 Jahre später, es war der 8. Jänner 2021, rief mich Andy Marek an; mich, der ich vom Begleiter von Florian zum Vollzeitfan mutiert bin. Ich wurde gerade aus dem Spital entlassen und holte – mit einer Windel geschützt – nach einer Chemotherapie unser neues Elektroauto beim Liewers am Wienerberg ab. Andy schlug mir vor, über diesen unseren ersten Tag bei Rapid in seinem Buch zu berichten. (Er kannte die Geschichte bereits von unseren Begegnungen.)

Als jemand, der unter den Nebenwirkungen der Chemotherapie leidet, war dieser Auftrag eine große Motivation, ich vergaß meine Probleme – auch so eine Wirkung von „Egal wos kummt im Lebn“ – und machte mich gleich ans Werk, diesen ersten Tag bei Rapid zu rekapitulieren. Es entstand der Artikel „Spiel oder Stimme?“, der dann auch im Buch auf Seite 274 im Abschnitt „… wir fühlten uns von ihm angezogen“ einen Platz gefunden hat.

Mein erstes Bild von Andy Marek, 2001. Mehr als 3000 weitere sollten folgen.
Faszination „Rapid“; Florian erstmals in Hanappi-Stadion

Dieser Anruf hat mir in einer schweren Zeit sehr geholfen, und er hat auch gezeigt, dass meine 20jährige, höchst indirekte „Mitarbeit“ bei Rapid wahrgenommen wurde und zu einer freundschaftlichen Nähe geführt hat, die wir uns damals 2001 nicht haben vorstellen können.

Andy ist ein überragender Kommunikator und Motivator. Er kann mit jedem gleich gut umgehen, egal, wer da kommt. Ob es der Präsident ist oder ein lästiger Fan, immer findet er den richtigen Ton. Dass er, der „Mister Rapid der Neuzeit“ (nachzulesen im Artikel „Mister Rapid II“), wie ich ihn gerne bezeichne, mir eine freundliche Widmung in sein Buch geschrieben hat, zeigt seinen hohen Grad der Wertschätzung für die, mit denen er zusammenarbeitet.

Hallo Franz! Ich möchte Dir herzlich für Deine Hilfe bei meinem Buchprojekt Danke sagen! Aber nicht nur bei meinem Buch warst Du für mich da, sondern auch in meiner Zeit bei Rapid konnte ich immer auch Dich zählen! Danke! Herzlichst, Andy

Son and Father

Aber es begann langsam, Schritt für Schritt. Florians Interesse am grün-weißen Fußball verlangte nach zusätzlichen Informationen. Mitgliedschaften für Vater und Sohn fanden sich als Weihnachtsgeschenke unter dem Christbaum, regelmäßige Besuche der Mitgliederversammlungen ergänzten unser Wissen über Rapid, schließlich besuchten wir 2004 unsere erste Weihnachtsfeier in der Pyramide.

Ende November kam ich um 8:00 in den damaligen Fancorner im Stadion, um Karten für die Weihnachtsfeier zu holen. Es waren etwa 20 Mitglieder angestellt. Das waren mir damals zu viele, und ich ging noch eine Runde mit unserem Labrador am Wienfluss spazieren. Als ich dann um 10:00 wieder zurückkam, war niemand mehr angestellt und ich bekam problemlos Karten für das Fest. Wer hätte damals gedacht, dass ich mich zehn Jahre später schon am Freitag um diese Karten anstellen würde.

Das Highlight dieser ersten Weihnachtsfeier ist unvergessen, denn es hat sich seither nicht wiederholt, es war Andy Mareks Slogan des Abends: „Rapid, Herbstmeister und Winterkönig“. Und in dieser Saison sollte Rapid auch Meister werden, der erste Meistertitel, den wir mit Rapid erleben durften.

In diesen Jahren waren wir eher Rapid-Theoretiker. Spiele besuchten wir nur, wenn es das schulische Geschehen erlaubt hat. An ein Abo dachten wir nicht. Dennoch war ich bestens informiert. Florian nutzte gekonnt die verschiedenen Internetquellen und wusste vor jedem Spiel Bescheid über die mögliche Aufstellung, über die Verletztenliste, über die Transfers. Ich war einerseits erstaunt und anderseits immer weniger Gesprächspartner, eher war ich ein aufmerksamer Zuhörer.

Vielleicht dachte ich in diesen Jahren noch, dass Fußball so wie die vielen frühkindlichen Interessen wie Benjamin Blümchen, die Reptilien und Schiflieger vorbeigehen würde, doch so war es nicht. Ich verlor zunehmend die Kompetenz, mit Florian über Fußball diskutieren zu können, weil ich seinem umfangreichen Detailwissen nichts entgegensetzen konnte.

Ich musste lernen, was dieses „Rapid“ eigentlich ausmacht. Zuhören allein genügte nicht mehr.

Dabei kam uns ein Zufall zu Hilfe. Florian gewann in der Tombola am „Tag der offenen Tür“ 2006 den ersten Preis, ein Abo auf der Südtribüne. Wir konnten Silvia von der Wichtigkeit dieses neuen Fixpunktes im Terminkalender überzeugen. Ab diesem Tag waren wir Abonnenten und kauften noch drei weitere Abos zu dieser einen Karte dazu, für Franz, Marcel, einen blinden Freund und meine betagte Tante Milada. Wir bekamen beste Plätze in der letzten Reihe Mitte der Südtribüne, umgeben von „Geburts“-Rapidlern, wie zum Beispiel Hannes, die „Gärtner“ und den leider schon verstorbenen Othmar Huyer. Hinter uns schallte die mächtige Stimme von „Hinein“ bei jedem Corner. (Heute ist Franz mein Sitznachbar.) Allein, um für diese Rapid-Profis Gesprächspartner zu sein, war Lernen „Was ist Rapid?“ angesagt.

lernen

Die Art, wie Menschen lernen, ist verschieden; mein Favorit ist „Learning by Doing“ in der Form des Zuhörens, Schreibens und Programmierens. Reden gehört eher nicht zu meinem Repertoire. Ich versuchte, mein EDV-Wissen anhand von Rapid-Projekten aufzubessern.

Fußball anderswo

Zuerst waren es aber Fahrten zu Fußballspielen im Ausland. Wir begannen 2007 in den Midlands und brachten es im Laufe der Jahre auf eine beachtliche Anzahl von Zielen.

Unsere Fußballreisen
grün: Rapid, weiß: andere Spiele

Höhepunkte dieser Fahrten waren die beiden Auswärtsspiele gegen Aston Villa in Birmingham.

Tagebuch

http://klub.rapid.iam.at/tagebuch

Eine erste Verbindung zwischen EDV und Rapid war ein Tagebuch, das damals bei Google gehostet wurde. Ich dachte über den Sinn oder Unsinn von Fußball nach und las in Rapid-Foren. Wenn ich heute diese frühen Artikeln lese, bin ich überrascht, was mich damals alles bewegt hat. Zum Beispiel findet sich gleich bei einem der ersten Artikel 2007 ein Auszug aus „Der Gallische Krieg“ von Julius Cäsar aus Anlass eines Spiels gegen Antwerpen, mit dem Abschnitt, in dem die Belgier als die tapfersten aller gallischen Stämme bezeichnet werden.

Dieser Blog hat dann mehrfach den Namen und auch die Technologie gewechselt, bis er schließlich auf einer WordPress-Seite gelandet ist, heute auf der Seite http://klub.rapid.iam.at/tagebuch.

Ein Blick auf die aktuellen Artikel am 7.4.2022

Das Tagebuch ist auf etwa 1500 Beiträge angewachsen. Dem Tagebuch angegliedert ist ein Newsletter, dessen Abonnenten neue Tagebucheinträge per Mail zugesendet bekommen. Ein ganz besonderes Feature ist ein täglicher Pressespiegel aus mehr als 60 Quellen. (Archiv des Pressespiegels 2015-2022)

7jähriges Archiv von Pressemeldungen über Rapid

Rapid in Zahlen

123.ewkil.at

Was mir abging, war das Detailwissen, das Florian bei jedem Anlass parat hatte. Wie kann man etwas nachlernen, was man das ganze Leben nicht wahrgenommen hat?

Ich nutzte mein Interesse an Datenbanken und plante, „Rapid“ in einer Datenbank abzubilden. Dazu nahm ich Kontakt mit Gerald Pichler von Rapid-Archiv auf, mit der Bitte, die Daten des Rapid-Archivs auf einer eigenen Seite weiterverwenden zu dürfen. Gerald hat dem Projekt zugestimmt, und danach begann ich mit dem Kopieren aller Dateien des Rapid-Archivs und Umwandlung in eine Datenbank.

Startseite des Projekts „Rapid in Zahlen“

Das Projekt verschlang etwa ein Mannjahr, aufgeteilt auf zwei Jahre, und es entstand eine Seite mit interessanten statistischen Auswertungen. Damals war die Seite voll betriebsfähig, und ich war ein bisschen stolz auf das Erstlingswerk, wenn auch viele Details einer kritischen technischen Sicht nicht standgehalten hätten. Aber das Ziel, diesem „Rapid“ auf die Schliche zu kommen, wurde erreicht. Durch den ständigen Umgang mit Spielernamen, Trainernamen und Spielen in 11 Jahrzehnten steigerte ich meinen Wissensstand.

Rapid-Indianer „Franz“

In diesen Jahren hatte ich den Eindruck, so etwas wie ein Rapid-Mitarbeiter zu sein, so hat mich die Beschäftigung mit den Zahlen rund um Rapid in den Bann gezogen. Ich fühlte mich in einer ähnlichen Rolle wie ein Rapid-Ultra, nur nicht im Kollektiv, sondern als Einzelkämpfer. Damals entstand das Bild Rapid-Indianer „Franz“ in Anlehnung an den Indianer der Ultras vom Block West. (Bisschen Unterschied muss sein, mein Indianer schaut nach links.)

Die größte Wirkung dieser Lernphase hatte aber der Aufwand, der mit der Erarbeitung des Wissens verbunden war. Es ging damit eine starke Identifikation mit Rapid einher. Ich betrachtete Rapid nicht mehr nur als Begleiter von Florian, sondern war durch Siege und Niederlagen so wie er betroffen, in einer Art, wie ich das früher nicht gekannt habe.

beitragen

Lehrer Domenico

Das Statistik-Projekt blieb nicht unbemerkt. Ein Domenico fragte mich Anfang 2009 per E-Mail, ob ich Interesse hätte, an einem Buchprojekt mitzuwirken. Ich zögerte nicht, ein so ehrenvolles Angebot anzunehmen. Domenico erwies sich als überragender Rapid-Historiker. Wenn er zum Erzählen über längst vergangene Zeiten ansetzt, ist man fasziniert von der Detailtreue. Klarerweise war ich in der Runde mit Domenico, Harry, Walter und Martin nicht der Fußballfachmann; meine Rolle war es vielmehr, Detailauswertungen auszuführen und Aussagen des Buches statistisch zu untermauern. Das waren zum Beispiel die Verläufe von Zuschauerzahlen, die Rivalität mit dem Verteilerkreis, Auswertung von Freundschaftsspielen uvam. Als Illustration kann eine Grafik aus diesen Tagen dienen:

Verlauf der Mitglieder, Abonnenten und Zuschauer in der 11 Dekade von Rapid

Zum Abschluss dieses Projekts bekam ich von Domenico einen Vorabdruck des Covers mit einer Widmung.

Dieses Buchprojekt war nach etwa einem Jahr abgeschlossen, aber ich habe aus der Mitarbeit eine Menge gelernt, etwa auch, dass es einen geheimnisvollen „KdF“ gibt, der schon vor 60 Jahren gegründet wurde. Man hätte sich eigentlich schon damals fragen können, warum ein so angesehener Verein der Masse der Zuschauer am Fußballplatz nicht bekannt ist.

Initiative Rapid-Museum

In diesen Tagen eröffnete man am Verteilerkreis die neu errichtete Osttribüne und auch das dortige Museum. Durch meine ständige Beschäftigung mit den Daten über Rapid schmerzte es mich, dass unser traditionsbewusstes Rapid noch immer kein Museum sein Eigen nennt. Kurzerhand schrieb ich am 9. März 2010 einen Brief an Andy Marek, mit einigen Recherchen über Museen, insbesondere auch über virtuelle Museen und dem Vorschlag, ein solches Museum einzurichten. Der einleitende Satz lautete: „Wenn alles weggeworfen wurde, wenn Brand, Krieg, Wasser alles zerstört haben, wenn Bagger alles planiert haben, wenn alles in alle Welt zerstreut wurde, was dann noch bleibt, das ist das Material für ein Museum.

Vielleich war es dieser aufrüttelnde erste Satz, vielleicht lag aber ein solches Projekt ohnehin in der Luft, jedenfalls lud mich Andy und gleichzeitig auch Thorsten Leitgeb und Domenico Jacono ein. Es kam zum Beschluss, sich einem Museumsprojekt anzunähern und zu ersten einleitenden Aktionen, zum Beispiel zu einer Sammelaktion für erhaltenswürdige Objekte, zu einem Termin bei der Tochter von Walter Zeman und zu einer Vorstellung eines möglichen virtuellen Rapid-Museums mit den Daten von Domenico in der Aula des Hanappi-Stadions.

Ein solches virtuelles Museum hätte es mir angetan, weil es mein eigenes Fachgebiet betroffen hätte. Doch daraus wurde nichts, man verstand unter „Museum“ etwas zum Angreifen. Andy hat auch gleich bemerkt, dass öffentliche Auftritte nicht gerade meine Stärke sind und dass ich mich viel lieber – so wie eben jetzt – als Schreibtischtäter betätige. Ich verließ das Team nach einigen Monaten, wurde aber nicht vergessen, denn Andy lud mich zur Eröffnung des Rapideums – übrigens eine außergewöhnlich gelungene Wortschöpfung – und ich durfte einige Fotos von diesem exklusiven Event mitnehmen.

Eröffnung des Rapideums am 14.12.2011

Was nun?

Nun lag also mein Statistik-Projekt vor, aber niemand brauchte es. Ab diesem Zeitpunkt wurde es nicht mehr wesentlich weiterentwickelt. Zwar werden seit der ersten Datenübernahme 2007 alle weiteren Pflichtspiele regelmäßig eingetragen, Datenfehler beseitigt und dadurch die Statistiken am letzten Stand gehalten, doch technologische Systemänderungen hatten zur Folge, dass heute einige Auswertungen mit einer Fehlerseite reagieren.

Klub der Freunde

In der Arbeitsgruppe von Domenico war mit Walter auch ein Vorstandsmitglied des „Klub der Freunde“, und in unserer letzten gemeinsamen Sitzung im Café Hummel lud mich Walter zu einer Mitgliederversammlung des Vereins ein. Es war im Oktober 2010, die Gäste waren Zoran Barisic, Peter Elstner, Didi Kühbauer und Peter Stöger. Seit diesem Tag habe ich keine diese 125 Mitgliederversammlungen versäumt, weil sich Spieler und Trainer in einer lockeren Umgebung präsentierten und man auch die eine oder andere Anekdote zu hören bekam. Auch beeindruckte mich das Wissen des Moderators Gerhard Niederhuber.

Für uns begann eine völlig neue Ära des Fußballerlebens. Waren wir bisher immer als ein Sohn-Vater-Team unterwegs, so waren wir ab jetzt auch Teil einer Gemeinschaft und unser Bekanntenkreis erweiterte sich bedeutend. In den ersten Jahren beim „Klub der Freunde“ versuchte ich, meine Kenntnisse einzubringen und machte viele Vorschläge – erfolglos.

Historikergruppe

Mein leider schon verstorbener Freund Herwig Gatterwe, Obmann des Fanklubs Grün-Weiß Nagelberg, hatte ein ähnliches Hobby wie ich: er erfasste die Daten von Fußballspielen. Aber nicht nur die Spieldaten von Rapid, sondern aller Mannschaften der ersten und zweiten Bundesliga. Herwig kannte meine Statistikseite und lud mich ein, bei einer Historikergruppe der Bundesliga mitzuarbeiten. Und tatsächlich bin ich seither gemeinsam mit Gerald Pichler in einem vereinsübergreifenden Team, das sich in unregelmäßigen Abständen im Haus der Bundesliga trifft und sich dort mit historischen Aspekten des Fußballs beschäftigt.

In dem Zusammenhang entstand eine Statistikseite für die Nationalmannschaft, wobei eine – für mich – neue Technik mir sehr kurzen Antwortzeiten eingesetzt wurde.

http://klub.rapid.iam.at/fussball/nationalteam/
http://vfm.iam.at/nati/

Statistikseite der österreichischen Nationalmannschaft.
Das Bild zeigt das letzte Spiel gegen Schottland.

Die gesammelten Daten von Herwig haben auf dieser Seite überlebt: http://vfm.iam.at/herwig-gatterwe/

EwkiL:Rapid

Wir erlebten den Auszug aus dem Hanappi-Stadion in einer Art Endzeitstimmung und da rückt man gerne zusammen. Florian und ich gründeten im August 2014 den Fanklub EwkiL:Rapid. Die Gründung erfolgte in den letzten Tagen des Hanappi-Stadions. Gründungsmitglieder waren die im Hanappi-Stadion in unserer Nähe Sitzenden.

Und warum? Waren wir nicht ohnehin beim „Klub der Freunde“? Nun, der Klub der Freunde präsentierte sich wie eine geschlossene Gesellschaft, aber es war uns ein Anliegen, auf unsere Sitznachbarn aktiv zuzugehen. Ich machte EwkiL zu einer Tür zum „Klub der Freunde“. Jemand, der regelmäßig das Tagebuch las, erfuhr auch über die Mitgliederversammlungen und konnte über die Homepage Kontakt aufnehmen und als Gast teilnehmen.

Homepage www.ewkil.at am 8.4.2022

Homepage

Irgendwann, 2017 fand sich das Projekt „Homepage“ – gegen die Überzeugung des Obmanns – als eine Zeile im „Grünzeug“. Die Webseite wurde von ewkil.at auf klubderfreunde.at geändert. Viele Seiten, den Klub der Freunde betreffend, wurden programmiert.

Aktivitäten

Ich versuchte verschiedenste Aktivitäten auf eigene Faust und Kassa, getrieben von der Idee, möglichst viele Stadionbesucher zur Mitgliedschaft zum Klub der Freunde zu bewegen.

  • Digitales Archiv aller Ausgaben des „Grünzeug“
  • Index aller Personen, die in diesen Ausgaben genannt werden.
  • Verzeichnis aller Mitgliederversammlungen mit Gästelisten
  • Verzeichnis aller Gäste bei den Mitgliederversammlungen
  • Bildarchiv aller Mitgliederversammlungen seit 2010 (125 Veranstaltungen und 6.960 Bilder)
  • Bilder für Mitglieder bei jeder Mitgliederversammlung
  • Herstellung der Homepage klubderfreunde.at
  • Hosten der Webseite, Miete des Domänennamens klubderfreunde.at
  • Betreuung der Facebook-Gruppe des „Klub der Freunde“
  • Herstellung mehrerer Transparente
  • Montage der Transparente vor jedem Spiel von Rapid I und Rapid II, oft auch zwei Transparente
  • Herstellung von Visitenkarten und Mannschaftsaufstellungen in Auflagen von 200 bis 500 Stück und Verteilung vor dem Spiel auf der Ost- und Nordtribüne mit einem Hinweis auf die nächste Mitgliederversammlung
  • Berichte über alle Mitgliederversammlungen des Vereins
  • Digitale Version des „Grünzeug“ ab Ausgabe 577
  • Automatisch versendete Geburtstagsgrüße, sofern der Geburtstag bekannt war.
  • Täglicher Newsletter mit Pressemeldungen über Rapid
  • Newsletter im Anschluss an Tagebucheinträge

2018 wurden im Artikel „Wer nicht wirbt, stirbt“ einzelne Aktionen dargestellt und bewertet.

Alle diese Kleinprojekte fanden in der Vereinszeitung keine Erwähnung, und es gab auch sonst keine Rückmeldungen seitens des Vorstands. Doch spätestens seit Paul Watzlawick wissen wir, dass man nicht „nicht kommunizieren“ kann. Auch kein Feedback ist eine Rückmeldung.

Ich war fasziniert von den vielen Freundschaften, die sich uns eröffnet haben, und es bildete sich tatsächlich eine Gruppe von Mitgliedern und anderen Anhängern, mit der wir gemeinsam Spiele und Veranstaltungen besucht haben. Diese fast 150 Bekanntschaften und Freundschaften trösteten lange über die gefühlte Geringschätzung hinweg. Hier ein Eindruck von unseren Freunden:

Andreas · Andreas · Andreas · Andreas · Andreas · Angela · Angelo · Arnold · Arnold · Benjamin · Bernd · Brigitte · Chris · Christian · Christian · Christian · Christian · Christian · Christine · Christoph · Claus · Clemens · Corinna · David · Dieter · Elfriede · Elnaz · Erich · Erich · Ernest · Erwin · Evelyn · Fanclub · Ferdinand · Ferdinand · Florian · Florian · Florian · Franz · Franz · Franz · Franz · Franz · Franz · Franz · Franz · Franz · Franz · Friederike · Gabriela · Gerald · Gerhard · Gerhard · Gerhard · Gernot · Gottlieb · Gregor · Gregor · Günter · Günter · Gunther · Günther · Hannes · Hans Peter · Heinz · Herbert · Heribert · Heribert · Herwig · Ilse · Ingrid · Janine · Jasmin · Jasmin Luise · Joachim · Jochen · Johann · Johann · Johannes · Josef · Josef · Josef · Josef Maria · Julian · Jürgen · Karl · Karl · Karl · Katharina · Kersten · Kurt · Lea · Liana Sanda · Magdalena · Marcel · Marcela · Margit · Mario · Mario · Markus · Markus · Martin · Martin · Martin · Matthias · Michael · Michael · Miguel · Miriam · Othmar · Patrick · Paul · Peter · Peter · Peter · Peter · Peter · Peter · Peter · Raphaela · Richard · Robert · Robert · Robert · Roland · Roland · Rositta · Sabrina · Saeed · Silvia · Sonja · Stefan · Stefan · Stefan · Stefan · Steffy · Susanne · Sven · Thomas · Thomas · Thomas · Tom · Tuncay · Viktor · Walter · Walter · Walter

Mitglieder von EwkiL:Rapid, einige Mitglieder des Klubs der Freunde des S.C.Rapid und einige Tagebuchabonnenten

Von wo ich das so genau weiß? Nun, ich habe sehr oft die Aufgabe der Kommunikation zu Rapid übernommen und mir die benötigten Daten notiert, um sie bei der nächsten gemeinsamen Aktion wieder parat zu haben. Wenn wir uns heute zu einem Rapid-Stammtisch anmelden, sende ich eine vorgefertigte Liste mit den erforderlichen Daten wie Telefon, E-Mail an Stefanie, was man sich als eben von einem Verein erwartet.

KdF-Psychogramm

Seit ich mich mit Rapid beschäftige, gilt ein besonderes Interesse den verschiedenen Fangruppen, in erster Linie natürlich dem Block West, doch auch die Außenwirkung des „Klub der Freunde“ kann man interpretieren.

Grabstätte von Heinz Conrads am Hietzinger Friedhof

Es war in den 1950er Jahren für einen Anhänger praktisch unmöglich, Mitglied bei Rapid zu werden, denn dazu brauchte man die Fürsprache von zwei aktiven Rapid-Mitgliedern und die waren alle „handverlesen“; eines dieser prominenten Mitglieder war Heinz Conrads.

Diese Hürde war 1951 das Gründungsmotiv für den „Klub der Freunde“. Der Verein bot seinen Mitgliedern einerseits Gemeinschaft und anderseits Kontakt zu den Akteuren von Rapid. Für Rapid war der „Klub der Freunde“ Organisator von Veranstaltungen wie zum Beispiel von Auswärtsfahrten, Bällen, Ehrungen und Weihnachtsfeiern. Vereinfacht gesagt war dieser Verein in seinen ersten Jahrzehnten das heutige Klubservice.

Dieser damalige Charakter veränderte sich aber durch neue Fangruppierungen und durch den Rapid-Klubservice von Andy Marek, der praktisch alle früheren Aufgaben des Vereins übernahm.

Man könnte es als eine historische Dankbarkeit bezeichnen, dass das Klubservice immer wieder Spieler und Funktionäre zum „Klub der Freunde“ entsendet, es ist aber wohl auch der engen Zusammenarbeit der Obleute mit Rapid zu verdanken.

Die frühere Publikumsnähe – nachzulesen in den ersten Ausgaben des „Grünzeug“ – wandelte sich im Laufe der Jahrzehnte von einer offenen Gemeinschaft in einen geschlossenen Zirkel von Eingeweihten und präsentiert sich heute ähnlich elitär wie Rapid in den 1950er Jahren.

Diese Exklusivität ist keine zufällige Entwicklung. Viele neu dazu gekommene Mitglieder des „Klub der Freunde“ berichten übereinstimmend, dass sie von den Vereinsvertretern trotz jahrelanger persönlicher Bekanntschaft nie zu einer Mitgliedschaft eingeladen worden sind.

Neue Zeiten

Alles, über das hier erzählt wurde, war getrieben von der Motivation, Florians Traum von der Zugehörigkeit zur Rapid-Familie zu verwirklichen, uns in Kontakt mit Gleichgesinnten und auch näher zu Rapid zu bringen.

Die Zwangspause durch Corona bedeutete auch eine Pause bei den Tagebuch-Einträgen, weil wenn man nichts erlebt, bleiben die Tagebuchseiten eben leer. Umso mehr Zeit bleibt zum Nachdenken über die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns.

Jahrelang habe ich mir eingebildet, meine Aktivitäten, die ich im Namen des Vereins vorangetrieben habe, wären ein Teil dieses Klubs. Doch in Wahrheit war es ein Etikettenschwindel, die Aktivitäten dürften dem Vereinsvorstand eher unangenehm gewesen sein, ich habe mir die Nützlichkeit nur eingebildet. Es sollte sich zeigen, dass nicht nur die Aktivitäten, sondern auch die Person hinter den Aktivitäten abgelehnt wurde.

Jeder Tagebucheintrag wurde in diesen vielen Jahren auch in Facebook in der geschlossenen Gruppe des „Klub der Freunde“ publiziert. Doch in der letzten Zeit kam es zu sehr derben und zuletzt öffentlich kommunizierten Angriffen seitens des Vorstands. Florian und auch meine Frau Silvia waren über die aggressiven Wortmeldungen in der Facebook-Gruppe gekränkt, und sie haben mir geraten, meine Arbeiten für den „Klub der Freunde“ einzustellen.

Meine Versuche, den „Klub der Freunde“ „unter die Leut’“ zu bringen, sind wegen zu großer Abstoßungsreaktionen gescheitert. Das Motto „Love it (2010-2016), change it (2016-2021) oder leave it (2022)“ findet eine Bestätigung.

mitgehen

Lebenshilfe „EwkiL“

Das Acronym „EwkiL“ erweist sich in einem schwierigeren Lebensabschnitt als die wichtigste Eigenschaft dieses „Rapid“, nämlich etwas ernster zu nehmen als den sonstigen Alltag. Dazu muss aber auch sehr viel investiert worden sein, und dieser persönliche Einsatz bewirkt eine starke Identifikation mit der Idee „Rapid“. Man kann das am Engagement des Block West beobachten.

Wenn ich mit meinem Mund-Nasen-Schutz im Rapid-Design zu einem Ambulanz-Termin erscheine, wird mit dem diensthabenden Arzt zuerst das wichtigste besprochen, nämlich die aktuelle Situation von Rapid; danach erst gehts an den eigentlichen Grund des Besuchs, der damit ziemlich relativiert und geradezu unwichtig wird.

Lauf der Zeit

Eines meiner vielen Lieblingslieder ist „Greenleaves of Summer“ von Dimitri Tiomkin, interpretiert von den Brothers Four (Filmmusik zu Alamo). In diesem melancholischen Lied zwischen Moll und Dur heißt es, dass alles im Leben seine Zeit hat.

Zuerst begleitet man sein Kind als Lehrer, etwas, das sich mit der Zeit durchaus umkehren kann und man als Älterer interessante jugendliche Erkenntnisse übernimmt; noch später freut man sich über jeden weiteren Tag, an dem man es schafft, mit den schnellen Schritten der Jugend mitzukommen. Dort sind wir jetzt angelangt.

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