1899

Die Zahl 1899 ist für Rapidler magisch, wurde doch in diesem Jahr am 8. Jänner der Name „Rapid“ aus der Taufe gehoben. Aus den Schriften von Rapid wissen wir aber nur wenig über diese ersten Jahre. Es gibt Bilder der Mannschaft, aber wie die Spiele damals vom Publikum aufgenommen wurden, ist im Dunkeln.

Das Fußballdebakel zu Ostern 1899

Nun hat Michaela Pfundner, stellvertretende Leiterin von Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, das Osterturnier des Jahres 1899 beschrieben. Der Artikel im Wissenschaftsteil von DerStandard heißt „Das Fußballdebakel zu Ostern 1899“. Diese Zeitreise kann durch einen bebilderten Text oder durch ein kurzweiliges Video angetreten werden.

Englische Arbeiter brachten Neues nach Wien. Einerseits waren sie – heute würde man sagen – „Schlüsselarbeitskräfte“, zuständig für neue Technologien in der industriellen Fertigung, aber auch für die damals in England schon mehr als 50 Jahre gepflegte Sportart „Fußball“.

Beim Osterturnier spielte eine Oxforder Studentenmannschaft, die sich auf einer Europatournee befand gegen eine Wiener Auswahl und am Folgetag gegen eine gemischte Auswahl, also auch mit in Wien ansässigen Engländern. Beide Spiele wurden mit hohen Zu-Null-Niederlagen verloren.

Oxforder Studentenmannschaft beim Osterturnier 1899 in Wien.
Aus dem Interessanten Blatt vom 13.4.1899 auf Seite 6
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=dib&datum=18990413&zoom=33

Die Zuschauer waren auch aus der Aristokratie. Sogar der damals in Wien weilende Mark Twain war unter den Zuschauern.

Und wo war Rapid?

Die Keimzelle von Rapid war die Hutfabrik „Böhm“ mit den Farben rot und blau im Wappen. Auch bei Rapid waren englische Arbeiter die ersten Lehrmeister für das neue Spiel.

Die Spielstätte war das Schmelzer Exerzierfeld.

1899 war die Spielstätte von Rapid das Exerzierfeld auf der Schmelz. Aus einer Landkarte von 1890, also vor der Gründung des „Ersten Wiener Arbeiter FC“, gab es auch das Exerzierfeld noch nicht, weil die Kaserne an der heutigen Gablenzgasse erst in Planung war. Am Gebiet der heutigen Stadthalle befand sich damals ein Friedhof. Am rechten Bildrand kann man den gezackten Verlauf des Linienwalls erkennen. Diese Stadtbefestigung wurde 1894 geschleift und durch die heutige Gürtelstraße ersetzt. 1898 entstand die dampfbetriebene Stadtbahn, die 1925 durch die elektrisch betriebene Stadtbahn abgelöst wurde.

Die Gegend um die Schmelz 1890

Zwischen 1894 und 1896 wurde die Radetzky-Kaserne in der Gablenzgasse errichtet (heute Militärkommando Wien) und das davor liegende freie Gelände der Schmelz als Exerzierplatz genutzt.

Die Gegend um die Schmelz 1900

Beachtenswert sind auch die damaligen Bezirksgrenzen. Der damalige 14. Bezirk (grün, unten) lag zwischen dem 15. Bezirk Rudolfsheim (violett, rechts) und dem 13. Bezirk (rosa, links). Der 13. Bezirk umfasste damals sowohl das heutige Hietzing als auch das heutige Baumgarten und Hütteldorf. Rapid spielte also damals auch im 14. Bezirk. Die Gegend gehört aber heute zum 15. Bezirk.

Fußballerisch war der „Erste Wiener Arbeiter FC“ und später eben „Rapid“ bei seiner Gründung nicht auf der Höhe der Zeit.

Hohe Niederlagen markierten in seiner ersten Saison als „Rapid“ den Weg des späteren Rekordmeisters, etwa ein 0:20 und 0:12 gegen den WAC und viele andere lehrreiche Niederlagen. Eine Meisterschaft gab es noch nicht, gespielt wurden Freundschaftsspiele und Turniere, oft unter der Patronanz von Sportzeitungen. Und bei diesen größeren Turnieren war Rapid noch nicht geladen, die Platzhirschen waren damals die Cricketers, die Vienna oder der WAC.

Wo Rapid 1899 sportlich stand, kann man an den Ergebnissen der Spiele ablesen.

         Spiele   S  U  N Tore-R : G
1898/99      19   1  5 13  13 : 107
1899/00      11   3  0  8  13 : 34

Rapid war also eine Art „Prügelknabe“, die damaligen Wiener Top-Clubs waren der WAC, die Cricketers und die Vienna. Der Prater mit seinen Wiesen war ein beliebter Spielort, der einzige zugelassene Platz im Prater war der vom WAC, gegenüber von der Jesuitenwiese.