Rapid-Austria
0:2 (0:1)
Wenn man den Unwägbarkeiten des Spiels – zum Beispiel einem besonders gerecht sein wollenden Schiedsrichter – entkommen will, genügt es nicht, besser zu sein als der Gegner, man muss viel besser sein als dieser. Aber „Besser“, das ist so eine Sache. Nimmt man zum Beispiel die Anzahl der geschossenen Corner, die Zweikampfstatistik oder den Ballbesitz, dann liegt Rapid klar voran. Aber irgendwie gehen den Rapidlern vor dem Tor die Ideen aus. Und dann kommt noch das Pech dazu. Und dem deutschen Trainer scheint in dieser Causa auch nichts weiter einzufallen, denn man hat ihn ja offenbar geholt, um die Spieler etwas mehr zu fordern als es sein Vorgänger getan haben soll. Die Wirkung ist bisher nicht sichtbar. Ich finde, dass die Spielanlage „Ballbesitz“ diesen Spielstil bedingt. Spielen bis ins Tor. Aber bei einer Achter-Abwehrkette ist das eben eine schwierige Sache.Konterschwäche
Und den Konter hat Rapid nicht erfunden. Man hat den Eindruck, als würden Spieler, die sich in einer überraschenden Gegebewegung befinden, Angst vor der eigenen Courage haben und lieber etwas langsamer auf das gegnerische Tor zulaufen, um in das gewohnte Ballbesitzspiel übergehen zu können. In dieser Zeit sind die Gegner aber schon formiert und aus ist es mit dem Konter. Aber welchen Aspekt man auch betrachtet; ein so wenig erfolgreiches Spiel haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Unter Zoki jedenfalls nicht. Sogar das durchwachsene heurige Frühjahr hat sich nicht so trostlos angefühlt.Sterben, aber richtig!
Gleich in der ersten Minute lag Pirez im Grün: Wenn man das Verhalten der Austria-Spieler über das Spiel beobachtet, hat man den Eindruck, als gäbe es bei jeder Trainingseinheit der Violetten das Basistraining „wie sterbe ich richtig“. Ich selbst glaube natürlich nicht, dass sich das so abspielt aber dennoch muss es in dieser Truppe ein Element geben, das es zweckmäßig erscheinen lässt, sich im Zweifel als „sterbender Schwan“ in das Grün fallen zu lassen. Und es wirkt! Schiedsrichter Lechner ließ sich diese Gelegenheit nicht nehmen, um zu zeigen, dass ihn die Kulisse bei Rapid nicht beeindruckt und verfügte einen Elfmeter, wo eigentlich keiner war (siehe Fernsehkommentar). Stell Dir vor, Du liegst tot auf der Wiese und keiner beachtet Dich. Das kann nur Kayode; liegen bleiben, bis der Elfer gegeben wird: Wir man richtig stirbt, das zeigt Rapid: vier Verletzte in zwei Spielen, das ist ziemlich schwerwiegend und in den nächsten zwei Wochen warten vier schwere Spiele. Leichter wird’s nicht!Und dieser Spieler war bisher nicht im Kader!
Nun sind wir lediglich Beobachter und keine Spezialisten. Aber beobachten, das können wir doch alle. Was muss man von einem Trainer halten, der diesen Mario Sonnleitner in dieser Saison noch kein einziges Mal aufgestellt hat? Wenn es hier nur um das Spielerische geht, ist hier jemand wenig kompetent, würde ich sagen. Toller Einsatz, tolle Tacklings, Super-Mario! Bemerkenswert die Sprechchöre bei der Mannschaftsaufstellung, die schon Richtung „Fußballgott“ tendierten!Es geht bergab!
Vier Spiele ohne Sieg, fünfter Tabellenplatz mit fallender Tendenz, denn die Austria einzuholen ist weniger wahrscheinlich als von Ried, WAC oder Admira eingeholt zu werden. Rapid orientiert sich nach unten! Bemerkenswert cool bleibt unser Präsident, der meint, man müsse dem Trainer Zeit geben! Dieser Zusammenhang ist zwar rein zufällig, aber dass die beiden Sport-Verantwortlichen gerade von Schalke kommen, erweckt den Eindruck, als hielte man im Rapid-Vorstand viel von deutscher Fußballkompetenz. Man soll eben nicht gleich auf Vorurteile hereinfallen, auch wenn sie zunächst positiv scheinen, denn auch dann können sie unvorteilhaft sein – wie man sieht. Und zum ersten Mal seit ich bei Rapid bin, habe ich Sympathie für die Sprechchöre „Müller raus“, denn mit Büskens allein wird es nicht getan sein.Ambiente
Es begann mit einer Begrüßung von Dejan Savicevic, einen der prominentesten Rapidler aller Zeiten. Schon das Eröffnungs-Transparent war bemerkenswert. Der Block textete: „Gewidmet Wilhelm Goldschmidt uns allen Rapidlern, die dem Dritten Reich zum Opfer gefallen sind.“ Im Tagebuch wurde in „Wo alles begann“ über diese Anfänge von Rapid berichtet, als Wilhelm Goldschmidt als Sekretär 1899 den Vorschlag machte, den „1. Wiener Arbeiter Fußball Club“ auf „S.C. Rapid“ umzubenennen. Dieser Text ist bemerkenswert und vielschichtig zugleich. Man muss ihn im Kontext mit der späteren Eröffnungschoreografie sehen, das dem Spiel am 22. Juni 1941 gegen Schalke im Olympiastadion von Berlin gewidmet war, bei dem Rapid mit einem 4:3-Erfolg als einzige österreichische Mannschaft den Deutschen Meistertitel erringen konnte. Sport war eine jener Freizeitaktivitäten des täglichen Lebens, der trotz schwierigster Bedingungen durch alle Kriegsjahre betrieben wurde. Der Text bezieht klar Stellung gegen das damalige Regime und stellt ein besonders populäres Opfer, einen der Gründerväter von Rapid, Wilhelm Goldschmidt, in den Vordergrund. Andy Marek verwies in seiner erklärenden Rede auf die Aufarbeitung dieser Zeit durch eine Historikerkommission vor etwa fünf Jahren. Da uns bei Rapid allein die Austria alle diese Epochen begleitete, hat man eben dieses Derby auserwählt, den Zuschauern dieses legendäre Spiel in Erinnerung zu rufen. Eine leicht erzieherische Note in Richtung Austria-Fans kann man auch durchhören, einem Block, der nicht müde wird, den unappetitlichen Ruf „Rapid verrecke“ immer wieder zu wiederholen. Nachdem es der Führung der Austria nicht gelingen will, mit ihren Fans in einen konstruktiven Dialog zu treten, möchte ich ein Plakat zeigen, das den Ursprung dieses Spruchs aus dem Jahr 1932 zeigt:Es geht keineswegs darum, dass wir irgendwie wehleidig sind, aber Töne, die deutlichen Bezug zu dieser Zeit nehmen und Rapid von heute mit den Juden von damals in einem Atemzug nennen, impliziert ja, dass man es im Nahhinein gut heißt, dass Millionen Juden in den Tod getrieben wurden und man es mit Rapid ebenso tun solle.
Fairerweise muss man ergänzen, dass die Replik „Schwuler F-A-K“ auch nicht gerade frei von Rassismen ist, denn er erniedrigt eine legitime Lebensart von Menschen. Und das, obwohl wir bei vielen Spielen immer wieder diese tolle Werbung „Respect“ der UEFA erleben.
Es ist offenbar gar nicht so leicht, jemanden zu beschimpfen ohne ein bereits belastetes Vergleichskriterium heranzuziehen.
Dieses erste Transparent zum Angedenken an Naziopfer war offenbar ein Gegengewicht zu der Hauptchoreografie, die den Deutschen Meister von 1941 betraf, um nicht auch nur einen Verdacht auf irgendeine ideologische Nähe zu der damaligen Zeit aufkommen zu lassen.
Choreografie „Rapid, Deutscher Meister 1941“
Das 4:3 von Berlin 1941 ist für Rapid ein bemerkenswertes Ereignis. Man hat für diese Jubiläumschoreografie das Derby als würdige Bühne ausgesucht. Rapid ist der einzige Verein aus Österreich, der den Deutschen Meistertitel erringen hat. Und Schalke war damals nicht irgendwer. Es gibt nur eine handvoll Vereine, die die Viktoria in ihrem Besitze haben. Schalke und Rapid gehören dazu. Die Viktoria kann im Rapideum besichtigt werden.
Man lud den ältesten Rapidler Alfred Körner (90) und den ältesten Rapid-Fan Otto Filipsky (104) aus Horn zu diesem Derby ein. Beide sind natürlich Zeitzeugen dieses legendären Spiels; Alfred war 15 und Otto 29.
Wir sahen die erste Voll-Stadion-Choreografie in Grün-Weiß, von der es später sicher ein Panoramabild im Web geben wird.
Die Choreografie des Block-West zeigte Bimbo Binder, den Helden des damaligen Spiels, die Viktoria, die Trophäe für den Deutschen Meister und das damalige Rapid-Wappen über dem Berliner Olympiastadion. Gefolgt von den Transparenten:
„Das sind die Farben, die Geschichte geschrieben haben“
„SK Rapid Fünfundsiebzig Jahre Deutscher Meister“
Diese gut durchdachte Choreografie mit einer klaren Distanzierung gegen Rechts hat mich positiv überrascht und wenn ich auch in der Vergangenheit ein bisschen in Opposition gegenüber verschiedenen Aktionen stand, wie zum Beispiel gegen jene für das „Weststadion“, bin ich wegen dieser heutigen ausgezeichneten Choreografie froh, dass wir diesen Block und keinen anderen haben. „Bravo Burschen!“
Die weiteren Transparente waren eher etwas für Szenenkundige, denn wir, Durchschnittsbesucher konnten damit nichts anfangen.
Gleichzeitig hat der Austria.Anhang kräftig gequalmt…
..und der Block-West wollte dem nicht nachstehen und hat zur Rapid-Viertelstunde nachgezogen:
Das schöne an der Vergangenheit sind die Erinnerungen, zum Beispiel an diesen Titel, denn die schlechten Erinnerungen blendet unser selektives Gedächtnis ohnehin bestens aus. Und so werden wir wohl auch diese Derby-Niederlage rasch in die Archive verbannen.
Aber was machen wir mit den beiden Deutschen? Ist unsere „Kriegskasse“ so gut gefüllt, dass wir sie auszahlen können oder hat Andy Müller für die überwiegend enttäuschenden Neuzugänge (Ausnahme Mocinic) alles Kleingeld verbraucht?
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